Podcast | Folge: 100 | Dauer: 43:48

Was wollt ihr wissen? Eure Fragen zum Thema sexuelle Gewalt an Ulli Freund.

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[00:00:01.130] - Ulli Freund

Wenn Kinder über sexuelle Gewalt aufgeklärt werden, wenn man ihnen peu á peu erzählt, dass es so was geben kann, gehört natürlich immer auch die Botschaft dazu: „Wenn dir mal so was passieren sollte oder wenn du das Gefühl hast, hier stimmt was nicht, mir kannst du das immer sagen. Ich schimpfe dich auch nicht." Denn manchmal hat man das Gefühl, man hätte einen Fehler gemacht und dann traut man sich, das nicht mehr zu erzählen: "Egal, was du gemacht hast. Du darfst mir es immer sagen. Ich schimpfe dich nicht."

[00:00:25.290] - Nadia Kailouli

Hi, herzlich willkommen bei einbiszwei, dem Podcast über Sexismus, sexuelle Übergriffe und sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Ich bin Nadia Kailouli und in diesem Podcast geht es um persönliche Geschichten, um akute Missstände und um die Frage, was man tun kann, damit sich was ändert. Hier ist einbiszwei. Schön, dass du uns zuhörst.

[00:00:49.370] - Nadia Kailouli

Ihr erinnert euch bestimmt an Ulli Freund. Sie ist Referentin im Team der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung und Spezialistin für alles rund um das Thema Erziehung und arbeitet auch als freiberufliche Präventionsexpertin. Wir haben Ulli noch mal eingeladen, weil ihr, seit es diesen Podcast gibt, immer wieder mehr darüber wissen wollt, wie man mit Kindern über sexuelle Gewalt sprechen kann oder was man bei der Erziehung alles richtig machen kann, wie man mit anderen über Missbrauch reden kann oder auch, wie man erkennen kann, ob ein Kind sexueller Gewalt ausgesetzt war. Zu diesen und ganz vielen anderen Themen, bei denen es im weitesten Sinne um Prävention geht, haben wir die meiste Post von euch bekommen und deshalb haben wir gesagt, wir antworten euch nicht nur direkt, wir besprechen eure Fragen hier in diesem Podcast. Das ist ja schließlich für alle interessant. Und damit fangen wir auch nicht ohne Grund heute an, denn heute, liebe Hörerinnen und Hörer, jetzt wird es feierlich. einbiszwei feiert Tatsache die - jetzt hört zu - 100. Folge. Wuhu! Mein Gott, wer hätte das gedacht? Also ich flippe aus. Ich dachte immer so: „Okay, komm, wir machen das. Dann haben wir 30 Folgen und wer weiß, wer mit uns redet und und und und." Und jetzt haben wir die hundertste Folge. Und deswegen danke ich jetzt, bevor wir jetzt anfangen, mit Ulli Freund über eure Fragen zu sprechen, danke ich euch allen, dass ihr uns so treu zuhört und ich danke allen, die schon hier waren. Ihr seid klasse. Wir machen weiter. Let's go.

[00:02:14.420] - Nadia Kailouli

Ulli Freund ist da. Herzlich willkommen bei einbiszwei.

[00:02:16.720] - Ulli Freund

Schön, dass ich da sein kann.

[00:02:18.010] - Nadia Kailouli

Hallo. Ja, Ulli, und zwar zum zweiten Mal. Wir hatten das Vergnügen schon mal und ich darf dir das, glaube ich, so sagen. Die Folge, die kam wirklich sehr, sehr gut an. Ja. Viele Leute haben es gehört und viele Leute haben dann geschrieben, denn wir wollen wir jetzt irgendwie mit dir den Weg nutzen, die Fragen, die die Menschen haben, rund um das Thema sexuelle Gewalt, gerade gegenüber Kindern und Jugendlichen, so zu besprechen, dass sie damit was anfangen können, weil viele haben ja Fragen im Kopf. Und die erste Frage, die ich an dich habe, ist: Kannst du das verstehen, warum erwachsene Menschen so eine Scheu davor haben und so eine Angst davor haben, überhaupt über das Thema sexualisierte Gewalt und Sexualität im Allgemeinen dann auch - was ja natürlich jetzt nicht in dem Zusammenhang mit sexueller Gewalt direkt kommt, aber warum sie da so eine Scheu haben, darüber zu sprechen?

[00:03:04.600] - Ulli Freund

Du meintest, wenn es sich auf Kinder bezieht?

[00:03:06.330] - Nadia Kailouli

Wenn sie es auf Kinder beziehen, genau.

[00:03:08.550] - Ulli Freund

Ich finde es immer interessant, dass wir immer noch, obwohl wir ja wirklich voller Pornografie sind, überall kannst du sexuelle Darstellungen sehen und dass trotzdem die Menschen über Sexualität selber so schlecht reden können. Das ist ja erst mal ein Fakt, der erstaunt mich selbst. Und ich glaube, besonders schwierig wird es eben, wenn Sexualität eben keine Sexualität mehr ist, sondern zu sexueller Gewalt wird, nämlich immer dann, wenn es gegenüber Kindern passiert, dass Menschen eine Scheu haben, weil es eigentlich unvorstellbar ist. Die meisten Menschen können sich nicht vorstellen, gegen ein Kind so zu handeln, haben auch kein Begehren gegenüber Kindern und empfinden Kinder als komplett schützenswert in dem Bereich und sie können es nicht fassen. Sie können es nicht vorstellen, dass jemand anders anders tickt. Und das verschlägt ihnen die Sprache. Es ist unvorstellbar. Und das ist ja auch der Grund, warum, wenn dann ein Verdacht im Raum steht, warum Menschen häufig so reagieren, auch Eltern so reagieren: "Das kann ich mir nicht vorstellen." Es ist undenkbar, diese Dinge, die man ja mit Erwachsenen gerne macht, mit einem Kind zu versuchen.

[00:04:14.610] - Nadia Kailouli

Du hast es gerade so gut gesagt: "Es verschlägt dann vielen die Sprache." Und wir wollen jetzt sozusagen versuchen, diesen Menschen irgendwie die Sprache zu geben, indem sie uns schriftlich ihre Fragen stellen können. Anonym natürlich, werden wir die jetzt hier an dich weitergeben, weil wir uns eben gedacht haben, wir sprechen über diese Fragen, die viele Menschen haben: „Wie soll ich eigentlich?" Und hoffen natürlich, dass sowohl die, die uns die Fragen gestellt haben, aber auch eben die Zuhörerinnen und Zuhörer damit vielleicht irgendwie einen besseren Umgang für ihre Zukunft finden oder überhaupt mit dem Thema sexuelle Gewalt finden.

[00:04:49.730] - Ulli Freund

Ja, das kommt ja darauf an, dass wir über das Thema sprechen. Das ist ja das Zentrale, dass wir aufhören, darüber zu schweigen und aufhören, uns nur zu erschrecken und nur sprachlos zu werden, sondern diesen mutigen Schritt nach vorne gehen und sagen: Wenn wir Kinder schützen wollen, müssen wir uns damit auseinandersetzen und müssen auch anfangen zu reden, Fragen stellen, Zweifel ausdrücken, Bedenken auch formulieren. Das ist ja auch alles in Ordnung. Es geht ja nicht darum, dass man alles, was an Wissen auf einen einprasselt, nur aufnimmt, sondern es geht ja darum, sich auseinanderzusetzen. Und das ist ein ganz, ganz harter Prozess, auch sich damit auseinanderzusetzen mit den Details, die es da zu wissen gibt. Und da kommen viele Fragen auf. Und ich selber, ich gebe ja auch Fortbildungen und ich finde immer, die wertvollsten Fortbildungen sind die, wo sich Menschen trauen, ihre komischen Fragen zu stellen, das, wo sie nicht selber drüberkommen, also wo sie auch keine Antworten im Netz oder in der Literatur finden und dann wirklich sich trauen, zu sagen: „Wie ist das eigentlich?" Also das finde ich total toll, wenn man neugierig ist aufs Thema.

[00:05:51.450] - Nadia Kailouli

Ich glaube, was wir ganz gut in diesem Podcast gemerkt haben, einbiszwei: Wir feiern die hundertste Folge. Das hätten wir, glaube ich, alle nicht gedacht, dass wir 100 Folgen rund um das Thema sexualisierte Gewalt gegenüber Kinder und Jugendliche füllen können mit Expert:innen, Betroffenen, Anlaufstellen et cetera. Und wenn wir eins merken, dann ja, die Leute hören zu und sie wollen es auch hören, sie wollen mehr erfahren und der nächste Schritt ist jetzt, wie du sagst, wir müssen dann auch darüber reden. Und wir fangen jetzt aber damit an, dass wir die Fragen erst mal schriftlich bekommen und mit deiner Hilfe hoffentlich die Menschen sich dann in Zukunft auch trauen, mit ihren Kindern vielleicht darüber zu reden. Die Fragen, die kennst du nicht, das ist auch das erste Mal, dass du sie hörst. Und wir fangen jetzt an mit der Frage von Hannes. Der fragt zum Beispiel: "Wie alt sollte mein Kind sein, wenn ich ihm das erste Mal erzähle, dass es Menschen gibt, die Kinder missbrauchen? Wie erkläre ich das überhaupt? Was das ist, also sexueller Missbrauch?" Wie erklärt man das und in welchem Alter sollte man damit anfangen, mit Kindern darüber zu sprechen?

[00:06:52.950] - Ulli Freund

Also mit der konkreten Aufklärung über sexuellen Missbrauch würde ich eine ganze Weile warten. Ich würde nicht mit sehr jungen Kindern, nicht mit Kindern im im Kitaalter ohne Weiteres darüber sprechen. Denn alles, was ich Kindern sage, könnte dazu führen, dass Kinder sich ängstigen, dass Kinder verstört reagieren oder dass sie es einfach nicht verstehen. Aber bei ganz jungen Kindern geht es ja eher dann darum, nicht konkret über Missbrauch zu sprechen, sondern darüber zu sprechen: "Das ist dein Körper, über den bestimmst du. Niemand darf dich einfach anfassen. Auch andere Kinder dürfen dich nicht einfach anfassen, wenn du nackig bist oder keiner darf dich zwingen, dich auszuziehen." Also eher über den Kontakt unter Kindern sprechen, das ist wichtig. Und vor allem auch selber in der eigenen Familie, im eigenen Erziehen immer daran denken, dass diesen Worten auch Taten folgen, also dass Eltern auch tatsächlich Kindern die Selbstbestimmung über ihren Körper erlauben. Und das fängt schon bei so was an: Naseputzen. Fasse ich einfach ins Gesicht meines Kindes und reibe da dran rum an der Nase, um die Rotze abzuwischen? Oder sage ich: "Willst du dir mal die Naseputzen? Ich gebe dir ein Taschentuch. Oder soll ich es machen?" Also da zu verhandeln und nicht automatisch sich des Körpers zu bemächtigen. Also es geht eher um Haltung bei jüngeren Kindern, vorleben, zu zeigen, dass die Selbstbestimmung nicht nur behauptet wird, sondern auch ernst genommen wird in der Familie. Und im nächsten Schritt dann, wenn Kinder so in Schulalter kommen und insbesondere dann, wenn sie auch selbstständig mehr unterwegs sind, dann ist schon die Zeit gekommen, wo man Kindern auch vermitteln muss, dass es Erwachsene gibt, die sich blöd benehmen gegenüber Kindern, die Sachen machen, die gemein sind, die für Kinder auch eklig sein können. Und da würde ich so sagen, ja, so ab dem Schulalter, das ist bestimmt der richtige Moment.

[00:08:33.810] - Nadia Kailouli

Das heißt aber im Kitaalter, wie du es eben gesagt hast, das Thema nicht komplett totschweigen, sondern einen anderen Weg finden, darüber zu reden, eben eher zu sagen: „Das ist dein Körper, Man darf dich da nicht einfach anfassen. Wenn das jemand tut, dann sagst du 'Nein' oder so. Oder wenn das jemand tut, dann erzählst du es mir."

[00:08:50.590] - Ulli Freund

"Dann sagst du mir Bescheid." Oder wenn ein anderes Kind, also vor allem, ich meine, das passiert ja viel mehr unter Kindern erst mal, an sexueller Gewalt. Also sexuelle Übergriffe unter Kindern sind ja sehr häufig, sehr viel häufiger als sexueller Missbrauch. Und das ist im Prinzip wie ein Lernfeld. Denn wenn Kinder erleben, dass sie da geschützt werden und dass sie darüber sprechen dürfen und dass sie Bescheid sagen dürfen und das Erwachsene sie dann schützen, dann lernen sie was für den Fall, dass ihnen auch sexuelle Gewalt durch Erwachsene angetan werden könnte. Also ein Kind, was merkt: "Ich bekomme Hilfe und meine Eltern glauben mir" oder "meine Erzieherin sagt: 'Das darf nicht sein, da kümmere ich mich drum'". Das ist natürlich ein Kind, was dann weiß, falls es später in eine Situation kommt, wo Erwachsene sexuelle Gewalt verüben, man darf über so was reden. Das ist wie ein Lernfeld, sage ich immer.

[00:09:39.110] - Nadia Kailouli

Das schließt die Frage von Philipp jetzt auch ganz gut an. Er fragt nämlich: „Ich möchte mit meiner Tochter über Missbrauch sprechen und sie bitten, aufzupassen, wenn sie in das Alter kommt, wo die ersten sexuellen Erfahrungen mit Gleichaltrigen passieren. Ich will aber auch nicht, dass sie ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität insgesamt bekommt und ihr auch nicht zu viel Angst machen. Habt ihr einen Tipp?"

[00:10:02.280] - Ulli Freund

Ja, der Tipp wäre, die Themen voneinander zu trennen. Sexualität ist ja eine Lebensenergie von Anfang an. Die haben ja schon kleine Kinder, die verändert sich dann zur Pubertät hin. Und wenn dann die ersten sexuellen Kontakte in der Pubertät angedacht werden, fantasiert werden oder auch umgesetzt werden, dann brauchen jugendliche Eltern, die der Sexualität positiv gegenüberstehen und nicht sofort mit diesem Schutzinstinkt auf ihre Kinder reagieren. Und dass sexuelle Gewalt passieren kann, sollten Kinder lange vor der Pubertät erfahren haben, also dass niemand ihren Körper einfach benutzen darf. Das heißt, mit diesem Wissen gehen Sie in die Pubertät und gehen sie in Ihre sexuellen Kontakte als Jugendliche mit anderen Jugendlichen. Und da haben Sie das sozusagen schon im Gepäck. Man kann nicht mit 13, 14, 15-Jährigen anfangen, über sexuellen Missbrauch zu sprechen und zu hoffen, dass sie das gut integrieren in ihre sexuellen Kontakte, dieses Wissen. Es muss vorher passiert sein. Noch mal dieses Thema: „Ich bestimme" und „ich bestimme Auch als Jugendliche oder als Jugendlicher, wie weit ich gehe bei meinen sexuellen Kontakten, mit wem ich was mache, ob ich überhaupt was mache, ob ich heute ja sage und morgen aber auch gut nein sagen kann." Also dass es da kein Abo drauf gibt auf meine Verfügbarkeit oder so. Aber das sind Dinge, die müssen vorher gelernt worden sein.

[00:11:18.240] - Nadia Kailouli

Aber da tun sich ja so viele schwer. So: „Oh Gott, und jetzt muss ich meiner Tochter meinem Sohn erklären..."

[00:11:26.060] - Ulli Freund

Ja, aber mal ehrlich: Wann fängt sexueller Missbrauch an? Die häufigste Gruppe der Betroffene ist ja nicht 13, 14, 15, sondern wir haben ja den Schwerpunkt im Grundschulalter. Also muss spätestens dann auch mit Kindern gesprochen werden, dass es Erwachsene gibt, die Kinder blöd anfassen. Ich sage immer: Der Begriff „Missbrauch", der kann dann auch mal fallen, besser eigentlich als sexuelle Gewalt, weil sexuelle Gewalt, da verstehen Kinder immer was Gewalttätiges drunter, also etwas, was wehtut, wo man vielleicht blutet, wo es schrecklich ist. Und sexueller Missbrauch ist ja oft so in Zärtlichkeiten eingebunden. Deswegen ist für Kinder der Gewaltbegriff oft schwierig. Also ich finde tatsächlich sinnvoll, mit Kindern über sexuellen Missbrauch als Begriff zu sprechen. Und wenn ich das tue, dann muss ich vermitteln, ich muss auch ehrlich sein, ich muss sagen: "Was machen die denn? Die fassen also ein Mädchen einfach an die Vulva oder an die Brust oder sie versuchen, beim Jungen den Po zu streicheln oder an den Penis zu fassen." Und dass man also auch Worte findet dafür, was sie tatsächlich tun. Keine Horror-Szenarien, ich muss keine Vergewaltigungen beschreiben, ich muss keine übelsten, massivsten Formen beschreiben. Aber so im Grunde, was sie da tun, dass das Dinge sind, die keiner mit dem Körper eines Kindes tun darf und dass das für Kinder unangenehm ist meistens, zumindest ab einem bestimmten Punkt unangenehm wird, das muss ich schon mal sagen.

[00:12:41.700] - Nadia Kailouli

Also auch klar benennen und nicht im Allgemeinen bleiben

[00:12:44.800] - Ulli Freund

Und aber das Entscheidende ist neben dem, dass ich konkret werden muss, dass ich nicht nebulös bleiben sollte – das machen ja viele, "die tun dir weh", heißt es dann, aber was soll denn das bedeuten? Man muss schon sehr konkret werden, aber noch wichtiger, fast, finde ich, oder ebenso wichtig, ist die Art, wie ich das ausspreche. Bin ich sehr aufgeregt? Vermittle ich meinem Kind: "Das ist das Schlimmste auf der Welt, was Kindern passieren kann." Vermittle ich den Kindern, dass ich das Thema fürchte? Dann fürchten sich auch die Kinder. Und dann hat man große Probleme, dass sich Kinder anvertrauen, denn sie wollen ihren Eltern ja keine Furcht bereiten, keine Angst bereiten. Sie wollen ja nicht das, was sie bei der Aufklärung, beim Missbrauch erlebt haben, Mama, Papa, haben solche Angst davor. Sie wollen ja nicht sagen: „Genau das ist passiert." Also relativ entspannt bleiben – ist schwierig, weil das Thema ist nicht entspannt –, aber zu vermitteln: „Ja, das kann passieren. So was kommt sogar ziemlich oft vor, dass Kindern so was angetan wird. Und wenn so was ist, dann darfst du zu mir kommen. Ich möchte das gerne wissen. Ich möchte dir gerne helfen. Ich möchte nicht, dass das jemand mit dir macht."

[00:13:48.040] - Nadia Kailouli

Also im Philips Fall, weil er ja sagen möchte, er möchte, dass seine Tochter sozusagen aufpasst, er möchte sie aufklären, dass sie aufpassen soll, da muss der Schritt sozusagen vorher passieren, bevor die Tochter in eigene sexuelle Beziehungen geht, sozusagen.

[00:14:01.510] - Ulli Freund

Lange vorher. Ja, ganz genau.

[00:14:02.550] - Nadia Kailouli

Okay. Ja, ich hoffe, Philipp, dass wir dir damit helfen konnten, dass du … Aber jetzt gehen wir mal darauf ein. Wir können ja vielleicht so ein bisschen rauslesen, dass bei Philips Tochter anscheinend die Gespräche im Grundschulalter nicht stattgefunden haben und seine Tochter jetzt in einem Alter ist, wo sie die ersten Beziehungen mit Jungs eingeht oder auch mit Mädchen, und er sich jetzt denkt: „Huch, jetzt muss sie vielleicht mal aufpassen." Also wie kann er sich denn da aus dieser Situation, ich will nicht sagen, retten, aber da trotzdem noch Aufklärungsarbeit seiner Tochter gegenüber leisten, weil das Bedürfnis hat er ja irgendwie.

[00:14:34.080] - Ulli Freund

Ja, aber der sollte sich vor allem erst mal klar machen, dass der große Unterschied ist zu den Kindern, bei Jugendlichen geht es darum: Können wir Konsens herstellen? Können wir uns einigen? Wo sind wessen Grenzen? Können wir gut kommunizieren, sodass ich weiß, wo sind die Grenzen meines Partners oder meiner Partnerin? Traue ich mich auch mal nachzufragen und traue ich mich selber auch zu sagen: „Das möchte ich jetzt nicht so gern." Also da geht es ja immer um das Thema Konsens. Und bei Kindern geht es bei sexuellem Missbrauch ja niemals um die Frage von Konsens, denn selbst wenn ein Kind sagen würde: „Ich bin einverstanden", es wäre völlig egal. Das darf ja keiner mit Kindern machen. Und Jugendliche dürfen ja und sollen ja auch miteinander sexuelle Begegnungen haben. Also wir reden über ein ganz anderes System sozusagen. Also die sexuelle Gewalt unter Jugendlichen fängt da an, wo Grenzen überschritten werden, die einer nicht überschritten haben will. Und bei Erwachsenen gegenüber Kindern, da werden ja Grenzen automatisch überschritten, weil es keine Sexualität zwischen Erwachsenen Kindern geben kann. Zwischen Erwachsenen und Kindern kann es nur sexuelle Gewalt geben. Und zwischen Jugendlichen, da kann es Sexualität geben. Und wenn es schlecht läuft, wird das zu sexueller Gewalt, weil nämlich Grenzen überschritten werden, absichtlich, massiv und so weiter. Aber das müsste Philipp verstehen, dass wir über zwei völlig verschiedene Systeme sprechen.

[00:15:50.440] - Nadia Kailouli

Und wenn seine Tochter vor sexueller Gewalt innerhalb einer Beziehung, die sie eingeht oder Begegnung schützen will, dann sollte Philipp ihr am besten sagen: sagen, dass sie ihre Grenzen für sich definieren soll, offen kommunizieren soll und wenn was passiert, was sie nicht möchte oder nicht vereinbart war, dass sie das ihrem Partner eben sagen soll: „Das will ich nicht, das ist mir zu viel" oder „Das macht mir keinen Spaß, macht das bitte nicht", in die Richtung.

[00:16:14.000] - Ulli Freund

Ja, dass sie auf ihre innere Stimme hören soll: "Fühle ich mich unter Druck? Tue ich Dinge ihm zu liebe, ihr zu liebe? Bin ich in einer Situation, wo ich gar nicht auf mein Gefühl höre? Was suche ich hier in der Begegnung, sondern: Was erwartet der andere von mir und kann ich dem genügen?" Also wirklich auf die eine andere Stimme hören, auch auf das eigene Tempo achten und gut versuchen, das auszudrücken. Und wenn die Tochter merkt, dass ihr Gegenüber da drüber weggeht, nicht sensibel ist, nicht kommunizieren will, dann geht es darum, sich daraus zurückzuziehen und zu vermitteln: „Das passt hier nicht für mich, das will ich nicht." Und auch wenn das mal nicht gelingt, denn das kann ja passieren, also wenn man sich sozusagen nicht gut abgrenzt oder das Gegenüber einfach übergriffig ist, am Ende sich zu sagen: „Die andere Person hat den Fehler gemacht. Ich hätte gerne mich abgegrenzt. Es ist mir nicht gelungen. Es war schwierig. Ich war vielleicht so verliebt oder ich war so unter Druck oder ich war vielleicht betrunken, was auch immer." sich nicht selbst in Vorwurf zu machen: „Ich bin jetzt selber schuld, dass mir das passiert ist. Warum komme ich auch in so eine Situation?", sondern sich klarzumachen: „Nein, der andere hatte die Aufgabe, meine Abwehr, mein Nein, meine Grenzziehung wahrzunehmen." Und wenn die nicht laut und deutlich ist mit „Stopp, nein", sondern manchmal erkennt man es ja am Blick: Der andere hätte mal gucken müssen. Der andere hätte sich versichern müssen. Das ist die Aufgabe, wenn man sich begegnet, dass man den anderen im Blick behält und nicht einfach sein Ding macht.

[00:17:41.860] - Nadia Kailouli

Wir kommen zu einer sehr konkreten Frage von Julia. Sie schreibt: "Mein Sohn ist im Schwimmverein. Danach duschen die Jungs alle zusammen. Manche behalten die Badesachen an, manche nicht. Ich habe neulich mitgehört, wie die Kinder danach ihre Körper kommentieren und bewerten, was sie 'hot' finden. Ich möchte gerne mit meinem Sohn darüber sprechen, bin mir aber unsicher, wie ich das machen soll."

[00:18:05.330] - Ulli Freund

Also ich würde Julia auf jeden Fall raten, ihren Sohn zu fragen, wie er die Duschsituation empfindet, ob die für ihn okay sind, ob er einer von denen ist mit oder ohne Hose und warum es so ist. Also wenn er die Hose anbehält, ob er da das Gefühl hat, das ist für ihn angenehmer, vielleicht schämt er sich vor den anderen. Wenn er die Hose ausgezogen hat, zu fragen: "Passt das für dich oder machst du das, weil die anderen das auch machen? Also machst du es nur nach?" Also Erst mal würde ich ihn bestärken, dass er diese Duschsituation für sich so gestaltet, dass sie für ihn passt. Und dann würde ich ihn fragen: „Was meinen denn die anderen mit 'hot'?" Also geht es darum, dass andere bewertet werden, wie die Pos aussehen, wie die Penisse aussehen, was geht es oder ob einer zu dick oder zu dünn ist? Ich würde da genauer nachfragen.

[00:18:49.950] - Nadia Kailouli

Wahrscheinlich sind sie schon eher in einem fort… Also ab wann hat man denn ein Telefon? Also wenn man das so mitbekommt, kommentieren, "hot", dann sind die vielleicht auch schon auf Social Media Kanälen unterwegs, weil woher bekommt man das sonst, dieses Bewerten von Körpern? Das kennt man ja vor allem von Social Media. Also das heißt einfach konkret fragen, wie er das findet und was die Jungs, seine Mitschüler da unter "hot" verstehen.

[00:19:15.290] - Ulli Freund

Ja, und ich würde ihn auch ganz direkt fragen – da kann man auch eine Brücke bauen –, ob solche Bewertungen, ob das eben auch Abwertungen sind, ob Jugendliche oder andere Jungs eben auch mit negativen Kommentaren bedacht werden, ob er da mitmacht, ob er eine Ahnung hat, wie man sich fühlt, wenn man so bewertet wird. Also viel über das Thema Gefühle sprechen und wie seine Rolle darin ist.

[00:19:41.840] - Nadia Kailouli

Wir haben eine sehr spezielle Frage zum Thema Schule bekommen, Ulli. Ich lese sie mal vor. Und zwar: "Ich höre regelmäßig euren Podcast. Mein Sohn ist jetzt sechs Jahre alt. Er ist in der ersten Klasse. Ihr habt schon öfter darüber gesprochen, dass Schulen Schulkonzepte haben sollten. Was ist das denn eigentlich?"

[00:20:00.540] - Ulli Freund

Wahrscheinlich meint die Fragende Schutzkonzepte, schulische Schutzkonzepte. Ja, inzwischen haben wir immerhin die Hälfte der Bundesländer, die schon schulische Schutzkonzepte gesetzlich verpflichtend gemacht haben. Schutzkonzept heißt, ich muss mir als Schule einen Rahmen geben, wie wir Kinder vor sexueller Gewalt schützen, und zwar innerhalb der Schule, also Peer-Gewalt, sexuelle Peer-Gewalt, aber eben auch durch Beschäftigte, oder eben auch Schüler und Schülerinnen schützen vor sexueller Gewalt im Elternhaus oder in einer Freizeit oder wo auch immer und wie man damit umginge, wenn man etwas Entsprechendes erfahren würde. Also es geht immer die Frage Prävention und Intervention. Das muss alles in ein Schutzkonzept. Und das Spannende bei den Schutzkonzepten ist, also Schule soll verhindern, dass in der Schule was passiert, also sie sollen verhindern, dass sie ein Tatort wird. Aber gleichzeitig soll Schule auch dafür sorgen, dass Kinder oder Schülerinnen und Schüler in Schulen Hilfe finden. Hilfe finden, wenn ihnen sexuelle Gewalt widerfährt, egal wo. Ob jetzt schulische sexuelle Gewalt, familiäre, unter Freunden, in der Nachbarschaft, im Sportverein, wo auch immer. Also Schule soll ein Ort sein, ein sogenannter Kompetenzort, wo Schülerinnen und Schüler auf Lehrkräfte, Schulsozialarbeitende, Vertrauenslehrkräfte, aufmerksame Lehrkräfte, aufmerksame schulische Beschäftigte stoßen, bei denen sie Hilfe bekommen können, wenn es ihnen nicht gut geht. Also es geht beides. Es soll dort nichts passieren, aber die Schule soll sich eben auch als Ort verstehen, nachdem fast alle Kinder Schulen besuchen, ist es ein perfekter Kompetenz Ort, diesen Job gut zu machen und ihren Schülerinnen und Schülern zu signalisieren: "Hier ist ein Ort, wo man Hilfe bekommt, wenn was in diesem Bereich passiert ist."

[00:21:55.420] - Nadia Kailouli

Und du hast es aber eingangs gesagt: Ihr seid schon froh, dass ihr einen Großteil der Schulen abgedeckt habt, sozusagen mit Schutzkonzepten, aber noch…

[00:22:03.640] - Ulli Freund

Ach na ja, so weit sind wir noch nicht. Es gibt eine gesetzliche Verpflichtung in einigen Bundesländern, in anderen noch nicht und es werden Schutzkonzepte entwickelt. Aber dass wir flächendeckend über schulische Schutzkonzepte verfügen würden, das kann man nicht sagen. Aber wir kommen peu á peu weiter. Wir erleben schon, dass sich da seit 2016, seitdem gibt es ja auch die Initiative "Schule gegen sexuelle Gewalt", die hier von der unabhängigen Beauftragten initiiert wurde und in Kooperation mit den Bundesländern gestartet wurde in allen Ländern, dass die schon ihre Früchte trägt. Also das Verständnis für Schutzkonzepte ist inzwischen da und jetzt ist es einfach ein dickes Brett, was da zu bohren ist. Wir brauchen ein bisschen Geduld und wir brauchen Qualität.

[00:22:44.910] - Nadia Kailouli

Also die Eltern, die jetzt wissen: „Oh Gott, mein Kind ist an einer Schule, da gibt es noch gar kein Schutzkonzept", die sollten jetzt nicht in Panik geraten, sondern die Schule einfach darin vielleicht unterstützen, dass sie das gut fänden, wenn sie da mal …

[00:22:55.720] - Ulli Freund

Mal nachfragen: "Habt ihr denn ein Schutzkonzept? Habt ihr schon angefangen? Und wenn nein, warum nicht? Haltet ihr es nicht für nötig oder habt ihr niemanden gefunden, der euch unterstützt?" Also da auch als Elternschaft – das wünschen wir uns sehr – dass Eltern hier auch sagen: „Wir erwarten das, auch wenn es hier keine gesetzliche Verpflichtung in unserem Bundesland gibt. Trotzdem möchten wir das." Das gehört zu den Qualitätsstandards von schulischer Arbeit, dass man ein Schutzkonzept hat. Und wenn eine Schule sich auf den Weg macht und ein Schutzkonzept entwickelt, dann ist es auch ganz wichtig … Ich meine, es macht ja viel Arbeit, es dauert. Es dauert mit unter Jahre, bis so ein Ding fertig ist oder so weit ist, dass man sagen kann: „Jetzt haben wir zumindest ein gutes Konzept erst mal erstellt, wir werden immer daran weiterarbeiten." Es ist ein Prozess, der lässt sich nie abschließen. Aber wenn man erst mal so weit ist, dass man sagt: „So, jetzt haben wir mal alle Bestandteile eines Schutzkonzepts entwickelt." Dann sollte man mit diesem Ergebnis nicht die Eltern überraschen: „Ach huch, wir haben jetzt ein Schutzkonzept", sondern es ist wichtig für den Prozess, dass Eltern von Anfang an informiert werden: „Wir sind eine Schule, die macht sich auf den Weg. Wir nehmen Zeit und Geld in die Hand, um die Kinder in der Schule zu schützen, aber eben auch an anderenorts zu schützen." Und Eltern informieren: Was ist überhaupt ein Schutzkonzept? Auch die Fragen der Eltern zu beantworten, auch die Bedenken, denn manche Eltern sagen: „Wieso ein Schutzkonzept? Ist hier was passiert?" Dass man erst mal erklärt, dass es einfach ein Standard inzwischen ist, so was zu machen, auch ohne Anlass, und dass man auch dann die Eltern einbezieht, wenn sie erst mal informiert wurden, zum Beispiel bei der Risikoanalyse, dass man die Eltern bittet mit auf die Fragen zu gucken: "Was halten Sie sozusagen für ein Risiko an unserer Schule?" Denn der Elternblick ist noch mal ganz anderer als der der schulischen Beschäftigten, der Lehrkräfte, der Schulleitung und auch der Kinder und Jugendlichen. Die müssen auch einbezogen werden. Also Eltern von Anfang an mit reinnehmen. Es werden sich nicht alle beteiligen, nicht alle interessiert das, nicht alle haben Zeit, aber einige fühlen sich da, denke ich, sehr ernst genommen, wenn ihre Perspektiven auch sich abbilden in dem Konzept.

[00:24:57.380] - Nadia Kailouli

Guter Hinweis. Ulli, was viele Hörerinnen und Hörer beschäftigt natürlich im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch, sexueller Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen ist das Thema Internet. Viele hängen auf Instagram und auf TikTok rum und da haben wir natürlich auch einige Fragen bekommen. Ein Vater zum Beispiel, der fragt: „In der Klasse meines Sohnes, zehn Jahre alt, haben inzwischen fast alle Smartphones. Mein Sohn seit kurzer Zeit auch. Ich weiß von anderen Eltern, dass da im Klassen-Chat allerlei Zeug herum geschickt wird. Irgendwas, was die Kinder im Internet finden. Wie kann ich verhindern, dass er Sachen sieht, mit denen er noch gar nicht umgehen kann? Zum Beispiel Pornos, Gewalt, all dieses Zeug. Kann und soll ich das überhaupt verhindern? Und wie erkläre ich ihm, warum er das noch nicht sehen sollte?"

[00:25:46.450] - Ulli Freund

Die Sache hat ja immer zwei Seiten. Das eine ist, was ich als Mutter oder Vater tue, um mein Kind vor solchen Darstellungen zu schützen. Und da geht es natürlich um Voreinstellungen, da geht es um Filter, da geht es um Altersfreigaben. Da kann ich durchaus einen Blick drauf haben. Aber dann Ist ja der Schutz noch nicht hergestellt, sondern es gibt ja auch andere, die auch Handys haben und wo dann eben auf dem Pausenhof oder eben durchzuschicken, also plötzlich Dinge dem Kind oder dem Jugendlichen da – der ist zehn, also dem Kind –, die er da zu Gesicht bekommt, die für ihn störend sein können. Also ich denke, erst mal ist es wichtig, dem Zehnjährigen zu erklären, dass es nicht darum geht, dass man hier besonders streng ist oder besonders prüde oder besonders besorgt, sondern dass man einfach weiß als Erwachsener, dass es Dinge gibt in der Welt, die können Kinder nicht verarbeiten. Und dazu gehören Gewaltdarstellungen, die können übrigens auch Erwachsene oft nicht verarbeiten, dazu gehört auf jeden Fall Pornografie. Da muss man dem Kind mal erklären, was ist eigentlich Pornografie und dass da Dinge passieren, die sehen aus wie Sexualität, sind aber inszeniert, da fragt auch keiner nach Gefühlen. Man muss über Pornografie ins Gespräch kommen, warum man nicht möchte, dass das Kind diese Dinge sieht, weil es nämlich die eigene sexuelle Entwicklung auch belasten und beeinträchtigen kann. Dann kommen wir aber zu der Frage: Was ist eigentlich, wenn in der Schule solche Darstellungen ihm vor die Augen kommen? Was kann Schule da tun? Und hier wünschte ich mir, dass Schulen ihre Verantwortung sehr ernst nehmen, dass sie nämlich in diesem Kontext auch Elternarbeit machen, Eltern befähigen, mit ihren Kindern zu sprechen, aber auch selber eben medienpädagogisch gute Angebote machen, dass die Kinder und Jugendlichen eben wissen, was ist eigentlich erlaubt, was ist auch Kindern verboten, was dürfen Kinder auch nicht weiterleiten. Also hier auch viel, viel aufklären, aber nicht immer nur mit diesem Verbotszeigefinger, sondern mit dieser Begründung: Warum wollen wir euch davor schützen? Was sind das für Dinge, die euch da belasten? Und die Lösung wird nicht sein, alle Handys einsammeln oder alles jetzt löschen, aber eben ins Gespräch gehen und wenn es solche Vorfälle gibt, eben nicht zur Tagesordnung überzugehen, sondern dranbleiben, auch wenn es ein wirklich riesiges und auch richtig anstrengendes Thema ist.

[00:27:55.470] - Nadia Kailouli

Hilft das dann, wenn man sagt: "Du siehst da Sachen, mit denen kannst du noch gar nicht umgehen? Auch für uns Erwachsene ist das..." Also sich mit dem Kind auf Augenhöhe begeben, weil du gerade sagtest, da sind ja... Da gebe ich dir vollkommen recht. Ich habe auch schon Sachen gesehen, die hätte ich lieber nicht gesehen in meinem Leben. Hilft das, sich mit dem Kind dann sozusagen, auf Augenhöhe zu begeben, zu sagen: "Auch für mich, als dein Papa, deine Mama, gibt es Sachen, die sind auch für mich nicht schön zu sehen." Hilft so was oder verunsichert man dann eher und macht das zu?

[00:28:23.700] - Ulli Freund

Nein, ich finde, ich finde es schon wichtig zu sagen, dass es Dinge gibt, die Menschen kaum verarbeiten können, die einen manchmal auch viele Jahre begleiten. Bilder, die man gesehen hat, die man gerne löschen würde und die sich nicht mehr löschen lassen und dass das belastend sein kann. Und je jünger man ist, umso schwerer kriegt man diese Bilder wieder los. Man ist sozusagen besonders empfänglich für diese Gewaltdarstellungen, ob es jetzt Folter oder sexuelle Gewalt ist, ist egal. Und das kann die eigene Entwicklung auch erschweren, dass man das den Kindern schon vermittelt.

[00:29:01.720] - Nadia Kailouli

Jetzt weiß ich natürlich, du bist keine Digitalexpertin. Du bist nicht diejenige, die den ganzen Tag sich damit auseinandersetzt: Was für digitale Schutzkonzepte brauchen wir? Wie können wir mit Meta, TikTok und Co zusammenarbeiten? Nichtsdestotrotz haben da viele Eltern natürlich Fragen, die uns auch erreicht haben. Wir wollen sie dir trotzdem stellen. Vielleicht hast du einen Tipp und wenn nicht, dann gucken wir, dass wir hier dann noch mal einen Digi-Experten an die Leine bekommen.

[00:29:26.650] - Ulli Freund

Ja, würde ich doch sehr empfehlen, denn da gibt es inzwischen wirklich tolle Leute, die da sehr, sehr sprechfähig sind und die da wirklich in die Tiefe gehen können und Eltern sehr konkrete Tipps geben können.

[00:29:36.390] - Nadia Kailouli

Ja, wir wollen trotzdem mal, vielleicht kannst du diese eine Frage hier noch beantworten. Und zwar schreibt uns jemand: „Meine Tochter ist elf und seit einiger Zeit auf TikTok unterwegs. Ich möchte gerne wissen, was sie da treibt und was sie sich anschaut."

[00:29:49.300] - Ulli Freund

Fragen Sie. Sie soll sie fragen. Sie soll sich dafür interessieren. Sie soll sagen: „Ich habe kein TikTok auf meinem Handy", könnte sie übrigens aber haben als Mutter, damit sie auch mal weiß, was sich da so abspielt. Aber sie soll eben auf keinen Fall ihr das Handy heimlich kontrollieren. Das wäre nicht der richtige Weg, sondern ihrer Tochter sagen: „Ich habe so viel über TikTok gehört. Ich kenne mich damit nicht gut aus. Was erlebst du da? Was siehst du da? Was findest du spannend? Was findest du nicht so toll? Wie sehen es denn die anderen in deiner Klasse? Und was machst du selbst? Also zeigst du dich selbst, machst du auch kleine Clips? Und was sind das für Clips? Wen interessiert das? Was kriegst du für Reaktionen?" Also sehr genau nachfragen.

[00:30:26.660] - Nadia Kailouli

Sehr genau nachfragen. Ganz einfach eigentlich. Man tut sich da echt zu schwer, weil man dann immer denkt: „Ist das nicht übergriffig?

[00:30:32.650] - Ulli Freund

Übergriffig ist heimlich, das Handy zu kontrollieren. Heimlich, vor allem. Wenn ich sage: "Ich möchte ab und zu mal draufgucken, können wir uns da vereinbaren?", ist es was anderes. Wenn die Tochter sagt: „Das will ich aber nicht", dann kann ich sagen: „Ich will zumindest von dir hören, wie es dir damit geht."

[00:30:45.940] - Nadia Kailouli

Da passt ganz gut die nächste Frage, und zwar: "Meine Tochter ist jetzt 14 und macht gerne Fotos von sich, auch mal im Bikini oder so, und schickt sie dann an Freundinnen über WhatsApp oder Snapchat. Ich finde das komisch, oder bin ich da spießig?"

[00:31:00.400] - Ulli Freund

Nein, spießig nicht. Also erst mal ist es völlig altersangemessen, als 14-Jährige sich zu zeigen, zu gucken, „Wie ist meine Figur? Wie steht mir der Bikini? Wie sieht der BH aus? Und das mit Freundinnen zu teilen. Das ist das Normalste auf der Welt. Nur das Problem ist eben in dem Moment, wo es verschickt wird, ist es in der Welt und können auch andere sich daran ergötzen. Und das muss das Mädchen verstanden haben, dass sie dann nicht mehr Herrin über ihre Bilder ist, in dem Moment, wo sie es verschickt. Sie weiß nicht, ob ihre Freundin das nicht ihren großen Brüdern weiterschicken oder in irgendeine Gruppe weiterschicken oder gar woanders hin verschicken. Sie verliert die Kontrolle in dem Moment, wo sie das digital verschickt. Das muss sie verstanden haben. Und sie muss sich halt fragen, ob die Fotos – sie können so schön sein, wie sie wollen –, ob sie eigentlich möchte, dass jede und jeder die sehen kann, denn das ist die Gefahr, dass jeder 40-jährige Mann sich das über sein Bett hängen kann, dass jeder 40-jährige Mann sich vorstellen kann, wie man diesen Bikini auszieht und dass jeder – ich sage jetzt mal dieses Beispiel, 40-jähriger Mann - jeder 40-jährige Mann in der Lage ist, die entsprechende Technik zu verwenden, den Bikini auszuziehen. Die Jugendliche, muss sich klar sein, dass dieses Bild, wo sie nicht nackt ist, zu einem Nacktbild werden kann. Also dass mit technischen Möglichkeiten jeder und jeder heutzutage in der Lage ist, dieses Mädchen auszuziehen. Also diese Gefahr, die sollte sie einfach sehen und auch überlegen, ob sie die eingehen will. Und wenn sie dann sagt, sie vertraut ihren Freundinnen, keine würde das weiterleiten, ist ja nur unter uns, dann muss man schon darüber sprechen, dass man sich auch manchmal getäuscht hat, dass manchmal eine Freundin auch total sauer ist, wenn man irgendwas gemacht hat, was ihr nicht gefällt, und dann rächt die sich. Das ist so unter Freundinnen.

[00:32:46.630] - Nadia Kailouli

Oder der Bruder vielleicht heimlich dann eben ans Handy geht.

[00:32:51.220] - Ulli Freund

Aber dass gute Freundinnen nicht immer beste Freundinnen bleiben, sondern dass manchmal auch Freundschaften in die Brüche gehen, dann hat man aber dieses Foto und ihr dann wehzutun, verschickt man plötzlich dieses sehr private Foto.

[00:33:01.420] - Nadia Kailouli

Und das bleibt halt für immer im Netz.

[00:33:03.490] - Ulli Freund

Und das ist dann nicht mehr zurückzuholen.

[00:33:05.450] - Nadia Kailouli

Das heißt, die Angst davor, dass ihre Tochter sich eben im Bikini zeigt und sich erkundet mit ihren Freundinnen, das ist nicht komisch, aber sie sollte…

[00:33:13.170] - Ulli Freund

Nein, absolut nicht. Nein, da sollte sie auch auf keinen Fall kritisch reagieren, sondern sagen: „Das ist normal. Die Mädchen versuchen, sich auch gegenseitig anzustacheln und auch zu ermuntern: 'Nein, du siehst toll aus, du siehst sexy aus. Du musst das machen, du musst das machen und du musst den Träger so tragen und du musst die Lippen dazu anmalen.' Also das ist okay. Natürlich ist es okay, das passt zum Alter." Das Problem ist nur, wenn es dokumentiert wird und dann zugänglich wird für Menschen, die es nichts angeht. Und diese Gefahr muss das Mädchen eben erkennen. Ich meine, wir haben wahnsinnig viele gute Materialien, wo eben Kinder und Jugendlichen auch diese Gefahren der Digitalität eben auch nahegebracht werden. Vielleicht sollte sie sich die Mutter da mal umtun und mit ihrem Kind einfach auch entsprechende Videoclips und Hefte und so weiter angucken, wo das gut beschrieben wird.

[00:34:01.080] - Nadia Kailouli

Ein anderer Themenbereich, der uns immer wieder erreicht, sind natürlich Fragen rund „Oh Gott, ist mein Kind betroffen?" Da ist es natürlich dann sehr heikel und da hat man noch größere Angst davor, das anzusprechen, weil man die Wahrheit nicht ertragen will und gleichzeitig nichts ansprechen will, was vielleicht doch gar nicht da ist. Da haben wir zum Beispiel von einer Hörerin eine Nachricht bekommen, die schreibt: „Meine Tochter ist sechs und hat sich neuerdings sehr zurückgezogen. Will auch keine Umarmung, redet kaum. In eurem Podcast habt ihr gesagt, dass das ein Zeichen dafür sein kann, dass sie sexuelle Übergriffe erlebt hat. Aber wie kann ich herausfinden, ob das stimmt und wie spreche ich das Thema mit meiner Tochter überhaupt an?"

[00:34:40.890] - Ulli Freund

Ja, "Anzeichen sein kann". Es kann für vieles ein Anzeichen sein. Vielleicht hat sie Probleme mit ihren Freundinnen. Vielleicht ist sie belastet, weil Papa im Moment so wenig Zeit für sie hat. Vielleicht ist sie traurig, weil die Eltern ein Wochenende ohne sie verbracht haben. Also es gibt viele Gründe, warum Kinder sich zurückziehen, warum Kinder stiller werden. Da kann ganz vieles dahinterstecken. Und es kann, und das ist sehr löblich, dass die Mutter daran denkt, auch sein, dass das Kind sexuelle Gewalt erlebt. Man muss es auf dem Schirm haben. Es ist absolut richtig, das mit auf dem Schirm zu haben. Es wäre bestimmt nicht sinnvoll, das Kind direkt anzusprechen: „Sag mal, tut dir jemand was?" Denn dann schiebt man die Antworten schon in eine Richtung. Es wird ganz leicht suggestiv. Was ich als Mutter machen würde: Ich würde meinem Kind sagen, dass mir das auffällt, dass sie anders ist als früher, dass sie sich verändert hat. Ich würde ihr sagen: „Du magst im Moment gar keine Umarmungen. Ich habe gemerkt, du redest viel weniger. Du bist so für dich. Bedrückt dich was? Geht’s dir nicht gut? Hast du Kummer? Gibt es denn irgendwas, was ich wissen sollte? Gibt es was, was dich belastet, worüber du dich vielleicht gar nicht traust zu sprechen?" Und dann auch nicht so viel Druck machen, sondern erst mal wirken lassen, zeigen: "Ich habe es bemerkt, du bist anders als sonst." Und im Prinzip die Einladung auszusprechen: "Wenn du magst, erzähl es mir doch." Aber nicht heute. Es muss nicht jetzt so auf der Stelle sein. Ich darf auch nicht drängeln, ich darf nicht ungeduldig werden. Ich muss schon auch dem Kind die Möglichkeit geben, dieses Angebot abzuwägen.

[00:36:21.650] - Nadia Kailouli

Aber auf jeden Fall nicht direkt sagen: „Sagt mal, tut dir jemand was?"

[00:36:25.540] - Ulli Freund

Nein, nein. Man kann in dieser Reihe: „Bist du belastet? Hast du Kummer? Ist dir was Blödes passiert? Ist mit deinen Freundinnen was? Ist in der Schule ein Problem? Oder ist jemand blöd zu dir? Macht jemand doofe Sachen?" Das kann man in der Reihe mal erwähnen, aber da möchte ich nicht hören: "Oder missbraucht dich jemand?" Das ist viel zu viel. Aber das Entscheidende ist, fragen, ja, Geduld haben, dem Kind keinen Druck machen, aber auch signalisieren, was immer es ist, ich kann es aushalten. Denn viele Kinder bekommen ja die Frage: „Ist irgendwas? Sag es mir, ich muss es wissen!" Und sie merken: "Mama fällt tot wenn ich ihr sage, was ist." Also ich muss auch vermitteln: Manchmal hat man große Probleme, aber dafür sind doch Eltern da, dass die einem dann helfen: "Also ich möchte dir gerne helfen, wenn irgendwas ist. Und selbst wenn ich es nicht toll finde oder selbst wenn ich sage: 'Oh Gott, oh Gott, oh Gott', da werden wir eine Lösung finden. Ich bin deine Mutter, ich bin erwachsen, ich kann das."

[00:37:21.310] - Nadia Kailouli

Wie kann man das denn präventiv so dem Kind beibringen? Weil wir haben das ja auch im Podcast vom Betroffenen immer wieder gehört: Wann war der Punkt, sich den Eltern anzuvertrauen, als der Missbrauch stattgefunden hat? Und viele Betroffene, heute Erwachsene, damals Kinder haben geschildert, wie sie sich in diesem Kindesalter nicht getraut haben, weil sie wollten Mama oder Papa nicht wehtun. Sie wussten, wenn ich das Mama erzähle, ist Mama traurig oder dann darf ich da nicht mehr hingehen, obwohl Mama da so gerne hingeht oder so. Also kann man da präventiven Weg finden, Kinder dafür zu öffnen, ihren Eltern alles erzählen zu können, ohne dass sie Angst haben, was sie ihren Eltern damit antun?

[00:38:04.060] - Ulli Freund

Kommt auf die Eltern an. Wenn Kinder ihre Eltern als sehr belastet erleben, als schwach erleben, als Menschen, die ohnehin viele Probleme haben und die kaum bewältigen können im Leben, dann ist es auch deutlich schwieriger, ihnen diese Botschaft oder diese Nachricht zu überbringen. Wenn Sie aber merken, „Okay, meine Eltern haben Probleme und die lösen die irgendwie, meine Eltern rechnen damit, dass das Leben nicht immer unfallfrei ist, meine Eltern haben dann irgendwann eine Idee was man machen kann." Also ich meine nicht, es müssen unbelastete Eltern sein, sondern Eltern, die vermitteln, es gibt Probleme im Leben und die lassen sich über kurz oder lang auch lösen. Man kann auch Hilfe holen, man kann sich bei Experten oder bei Fachleuten eben Unterstützung holen. Das sollte im Prinzip etwas sein, was Kinder erleben. Also Eltern sind kompetent. Sie sind in der Lage, das Leben zu regeln und zu leben und auch mit Problemen umzugehen. Also nicht problemlose Leben sind das Thema. Also Eltern schaffen das und wenn Kinder über sexuelle Gewalt aufgeklärt werden, wenn man ihnen peu á peu erzählt, dass es so was geben kann, gehört natürlich immer auch die Botschaft dazu: „Wenn dir mal so was passieren sollte oder wenn du das Gefühl hast, hier stimmt was nicht, mir kannst du das immer sagen Ich schimpfe dich auch nicht." Denn manchmal hat man das Gefühl, man hätte einen Fehler gemacht und dann traut man sich, das nicht mehr zu erzählen: "Egal, was du gemacht hast, du darfst mir es immer sagen. Ich schimpfe dich nicht. Ich bin immer auf deiner Seite." Das wäre schon sehr präventiv. Also dieses: "Es gibt keine Nachteile im Sinne von Ärger für dich. Wir sind auf deiner Seite." Denn viele Kinder fürchten ja, weil sie von Täter und Täterin auch in Fehlverhalten verstrickt werden, dass ihnen das am Ende auf die Füße fällt und dass sie dann von ihren Eltern den Ärger bekommen. Also ich sage jetzt mal so ein Beispiel: Da geht der Hausaufgabenhelfer oder der ehrenamtliche Hausaufgabenhelfer mit dem Kind ins Kino. Ja? So, und dann, das ist mit den Eltern abgesprochen, was aber nicht abgesprochen ist, dass die einen Film sich angucken, der ist erst ab zwölf, das Kind ist aber acht. Und dann sagt er zu dem Jungen: „Es bleibt aber unter uns." Und der Junge fühlt sich aufgewertet, er darf in den Film ab zwölf. Er hat jetzt ein Geheimnis, für das er mitverantwortlich ist und dann wird vielleicht noch eine Cola ausgegeben, obwohl der nie Cola trinken darf: "Es bleibt auch unter uns." Und dann geschehen im Kino über Griffe, sexuelle Übergriffe, und es bleibt natürlich auch unter uns. Das heißt, das Kind ist durch sein eigenes Fehlverhalten in so einen richtiges Knäuel von Geheimnissen rein verwickelt und wird jetzt große Mühe haben, sich seinen Eltern anzuvertrauen, denn es hat ja zwei Dinge falsch gemacht: Es war in einem Film ab zwölf und es hat Cola getrunken. Und ein Kind sollte wissen: "Egal was ich an Fehlern mache, egal welche Verbote ich übertrete, egal, was ich mache, was meinen Eltern nicht gefällt, wenn es um so was geht, ist es ganz egal. Das ist meinen Eltern dann nicht mehr wichtig." Ich sage eben auch immer, wenn man Kindern viele Verbote auferlegt oder wenn man einen Erziehungsstil hat, der sehr begrenzend ist, dass man trotzdem immer wieder vermittelt: „Ich möchte, dass du dich dran hältst und wenn es nicht klappt, davon geht die Welt nicht unter."

[00:41:13.180] - Nadia Kailouli

Dann reden wir einfach drüber.

[00:41:15.510] - Ulli Freund

Dann reden wir drüber, genau. So dass so eine Täterstrategie „Ich verwickele das Kind in Fehlverhalten" nicht ohne Weiteres aufgeht und Kinder, die ihre Eltern fürchten, die denken, weil sie sich falsch verhalten haben, kriegen sie den Ärger, werden auch nicht sprechen.

[00:41:30.070] - Nadia Kailouli

Ulli, das Schöne ist, dass wir jetzt hier einige Fragen schon beantwortet haben. Das andere Schöne ist, dass wir dich auf jeden Fall wieder hören werden, weil wir haben noch so viele Fragen und es erreichen auch immer wieder Fragen. Ich für mein Gefühl habe dir sehr, sehr gerne zugehört, Das wäre jetzt sozusagen das erste Mal, dass wir das gemacht haben. Fragen von Zuhörerinnen und Zuhörern, von Eltern, die Fragen haben: „Wie spreche ich mit meinem Kind?" Also ich, obwohl ich keine Mutter bin, habe dir sehr gerne zu gehört und dachte so: „Da hat sie recht, das ist ein Punkt. So könnte das machen!" Und deswegen freue ich mich sehr, dass du bald wieder bei uns bei einbiszwei bist. Vielen Dank, Ulli Freund.

[00:42:05.140] - Ulli Freund

Sehr gerne.

[00:42:06.890] - Nadia Kailouli

Das war jetzt also die Folge mit Ulli Freund, mit euren Fragen. Das war jetzt mal eine ganz, ganz andere Folge und an dieser Stelle danke, dass ihr uns eure Fragen schickt und der Aufruf schickt uns weitere Fragen, denn wir haben auf jeden Fall schon entschieden, wir wollen Ulli Freund regelmäßig jetzt einladen in diesem Podcast, damit ihr eben Antworten bekommt auf die Fragen, die ihr habt rund um das Thema. Und ich fasse ja hinten raus immer etwas zusammen, so was mir besonders in Erinnerung geblieben ist aus dem Gespräch. Und ich finde, Ulli hat was ganz Tolles beschrieben, und zwar die Situation, wenn ein Kind mit diesem Hausaufgabenbetreuer, zum Beispiel ins Kino geht, der aber in eine Vorstellung geht, was nicht für 8-Jährige, sondern für 12-Jährige ist, dann auch noch eine Cola gibt. Und da hat das Kind so viele Sachen schon gemacht und Vertrauen aufgebaut zu diesem Menschen. Und das Kind hat eigentlich Angst, das zu Hause zu erzählen, weil es hat ja schon zwei Fehler gemacht und dann findet ein Missbrauch statt und dieser Appell, so Kindern beizubringen: „Hey, auch wenn ihr feste Regeln habt und das Kind diese Regel bricht, vermittelt eurem Kind, egal welche Regel es gebrochen hat, alles ist gut, es kann mit allem zu euch kommen." Das war mir so ein Schlüsselmoment, den fand ich echt super. Also Leute, wir freuen uns auf Ulli Freund und ich freue mich auf euch. Bis ganz bald.

[00:43:19.640] - Nadia Kailouli

An dieser Stelle möchte ich mich auch ganz herzlich mal bei euch bedanken, dass ihr uns so treu zuhört und dass ihr auch bei schwierigen Themen dranbleibt. Wenn ihr wollt, dann folgt uns doch gerne, abonniert unseren Kanal und wenn ihr uns persönlich einmal schreiben wollt, dann könnt ihr das natürlich sehr gerne tun. Eine E-Mail könnt ihr einfach schreiben an: presse@ubskm.bund.de.

Mehr Infos zur Folge

Immer wieder bekommen wir Hörer:innenpost mit vielen Fragen dazu, wie man Kinder und Jugendliche vor sexueller Gewalt schützen kann und das freut uns sehr. Ihr fragt bspw.: Wie alt sollte mein Kind sein, wenn ich ihm das erste Mal erzähle, dass es Menschen gibt, die Kinder missbrauchen? Oder: Meine Tochter ist jetzt vierzehn und hat Fotos von sich im Bikini über Whatsapp an Freundinnen geschickt. Ich finde das komisch, bin ich da spießig? All das fragt ihr uns - und wir haben eine Expertin, die das beantworten kann. Ab jetzt wird es von Zeit zu Zeit einbiszwei-Folgen geben, in der wir Ulli Freund zu Gast haben. Ulli ist Dipl.-Pädagogin, Referentin im Team der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung und Spezialistin für alles rund um das Thema Erziehung. Was wollt ihr wissen? Ihr fragt - Ulli Freund antwortet.

Die meiste Post haben wir von euch zum Thema „Prävention” bekommen, also dazu, wie Kinder geschützt werden können, bevor etwas passiert. Ihr wollt beispielsweise wissen, wie man mit Kindern über sexuelle Gewalt sprechen kann. Oder was man bei der Erziehung alles richtig machen kann. Wie man mit anderen über Missbrauch reden kann. Oder auch, wie man erkennen kann, ob ein Kind sexueller Gewalt ausgesetzt war.

Die Antworten auf eure Fragen sind natürlich für alle interessant und deshalb haben wir jetzt bei einbiszwei eine Expertin, die sagen kann, wie Kinder besser geschützt werden können.

Ulli Freund ist Dipl.-Pädagogin, Referentin im Team der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung und Spezialistin für alles rund um das Thema Erziehung. Sie arbeitet außerdem als freiberufliche Präventionsexpertin zu den Themen sexuelle Übergriffe unter Kindern, pädagogische Prävention von sexuellem Missbrauch und zu Schutzkonzepten für pädagogische Einrichtungen. Sie kennt sich mit den Themen und Fragen von Eltern und Fachkräften also bestens aus – und sie hat Antworten auf eure Fragen.

Ulli sagt:

„Ich habe Prävention zu meinem Beruf gemacht, nicht weil alles immer schlimmer wird, sondern weil wir immer mehr darüber wissen, wie sexuelle Gewalt wirkungsvoll bekämpft werden kann.”

Also schickt uns eure Fragen an: einbiszwei@ubskm.bund.de

LINKSAMMLUNG:

Website von Ulli Freund
Ulli Freund – Prävention von sexueller Gewalt an Mädchen und Jungen

Interview mit Ulli Freund auf herder.de
Sexuelle Übergriffe unter Kita-Kindern

Beitrag von Ulli Freund auf erzieherin.de
Pädagogischer Umgang mit sexuellen Übergriffen unter Kindern – Eine Facette des Kinderschutzes im Kita-Alltag

Video-Interview mit Ulli Freund
Wie gehen Täter vor?

Heftreihe: Nicht Wegschieben von der UBSKM
Zur Heftreihe

einbiszwei – der Podcast über sexuelle Gewalt

einbiszwei ist der Podcast über Sexismus, sexuelle Übergriffe und sexuelle Gewalt. einbiszwei? Ja genau – statistisch gesehen gibt es in jeder Schulklasse in Deutschland ein bis zwei Kinder, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Eine unglaublich hohe Zahl also. Bei einbiszwei spricht Gastgeberin Nadia Kailouli mit Kinderschutzexpert:innen, Fahnder:innen, Journalist:innen oder Menschen, die selbst betroffen sind, über persönliche Geschichten und darüber, was getan werden muss damit sich was ändert. Jeden Freitag eine neue Folge einbiszwei – überall, wo es Podcasts gibt. Schön, dass du uns zuhörst.

Wenn Sie Fragen oder Ideen zu einbiszwei haben:

einbiszwei@ubskm.bund.de

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