Prävention soll helfen, sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu verhindern und ihnen schnelle und passgenaue Hilfen zukommen zu lassen. Hierzu zählt auch, durch Aufklärung und Wissensvermittlung Täterstrategien zu erkennen, das heißt die Anbahnung und Vorbereitung von Taten zu stören und andauernde Taten zu beenden. Für das Beenden von Taten wird auch der Begriff Intervention verwendet.
Kein Kind kann sich allein schützen
Präventionsmaßnahmen richten sich daher an unterschiedliche Zielgruppen in unterschiedlicher Gewichtung. Sexueller Missbrauch findet vor allem dort statt, wo Täter und Täterinnen Macht- und Abhängigkeitsstrukturen gegenüber Kindern und Jugendlichen ausnutzen, Kernfrage der Prävention ist deshalb: Wer hat die Macht oder zumindest die Möglichkeiten "außerhalb der Täterkreise", diese Taten zu verhindern?
Kinder und Jugendliche können sich nicht alleine schützen. Sie brauchen erwachsene Ansprechpersonen, die wissen, wie Täter und Täterinnen agieren, welche Signale Kinder und Jugendliche aussenden und welche Wege der Hilfe es gibt. Auch wenn Unterstützung durch gleichaltrige Freund:innen mit zunehmendem Alter an Bedeutung gewinnt, sind Kinder und Jugendliche beim Schutz vor Missbrauch auf Erwachsene angewiesen. Das sind in erster Linie Menschen aus ihrem nahen Umfeld, also die Eltern, aber auch Lehrer:innen und Erzieher:innen, Kinder- und Jugendärzt:innen oder auch Trainer:innen oder Nachbar:innen. Auch bei (potenziellen) Tätern und Täterinnen kann Prävention ansetzen, um Erst- und Wiederholungstaten zu verhindern.
Prävention hat viele Gesichter und Orte
Prävention braucht Respekt: Wenn die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen ernst genommen werden, wenn man sie respektiert und sich an den Kinderrechten orientiert, wirkt das grundsätzlich präventiv. Diese Herangehensweise ist an allen Orten gefragt, sei es in der Familie, in der Schule, der Kita, der Wohngruppe, Klinik oder im Freizeitbereich.
In Einrichtungen und Organisationen spielen institutionelle Schutzkonzepte eine große Rolle bei der Prävention. Sie können die Risiken für sexuelle Gewalt im eigenen Einflussbereich verringern und von Missbrauch betroffenen Kindern und Jugendlichen Hilfe anbieten.
Missbrauch für möglich halten
Eine große Herausforderung bei der Prävention ist für viele Menschen, dass Missbrauch so unvorstellbar ist, dass sie ihn nicht für möglich halten – besonders nicht in ihrem direkten Umfeld. Das trifft sowohl für Familienangehörige, Nachbar:innen und Bekannte zu als auch für pädagogische oder medizinische Fachkräfte. Daher gilt für alle: Um Kinder und Jugendliche zu schützen, sind grundlegende Informationen über sexuellen Missbrauch wichtig. So muss klar sein, dass Missbrauch zu erleiden ein Risiko und eine reale Möglichkeit im Leben eines heranwachsenden Kindes oder Jugendlichen ist. Er „passiert“ nie aus Versehen, sondern immer mit Absicht, in der Regel geplant und meist gut vorbereitet. Diese Einsicht braucht es, damit Prävention eine Chance hat.