Zwei Kinder schaukeln, ein Kind schaut in die Kamera

Gefährdungen und Risiken

Täter und Täterinnen planen Übergriffe meist im Voraus und wählen Kinder und Jugendliche gezielt aus. Dabei suchen sie nach Verletzlichkeiten und Schwächen, die sie als Anknüpfungspunkte für ihre Taten nutzen können. Bestimmte Gruppen von Kindern und Jugendlichen sind besonders gefährdet, von sexuellem Missbrauch betroffen zu werden.

Kinder und Jugendliche, die durch Gewaltformen vorbelastet sind

Auch Kinder und Jugendliche, die bereits durch körperliche und seelische Misshandlung oder Vernachlässigung vorbelastet sind, brauchen speziellen Schutz. Sie haben oft ein großes Bedürfnis nach Nähe und Zärtlichkeit und unter Umständen die Fähigkeit eingebüßt, die eigenen Grenzen zu kennen und sich gegen Übergriffe verteidigen zu können beziehungsweise diese rechtzeitig als solche zu erkennen und sich Hilfe zu holen. Dies gilt insbesondere für Mädchen und Jungen, die in der Vergangenheit bereits Opfer von sexueller Gewalt geworden sind. Kinder und Jugendliche, die aufgrund von biografischen Ereignissen in Pflegefamilien oder Wohngruppen leben, sind oftmals vorbelastet und tragen damit ein erhöhtes Risiko, von sexuellem Missbrauch betroffen zu werden. 

Kinder und Jugendliche, die sozial isoliert sind

Auch Kinder und Jugendliche, die sich als Außenseiter:innen fühlen, die häufig sich selbst überlassen oder wenig sozial integriert sind, sind gefährdet, Missbrauchsopfer zu werden. Diese Kinder und Jugendlichen haben oft ein großes Bedürfnis nach Austausch und Anerkennung, was von Tätern und Täterinnen leicht ausgenutzt werden kann, um ein falsches Vertrauensverhältnis aufzubauen. Durch ihr Außenseiterdasein fehlt ihnen außerdem in vielen Fällen die Möglichkeit, sich nach einer Missbrauchserfahrung Freund:innen anzuvertrauen.

Kinder und Jugendliche, die in autoritären Familien aufwachsen

Kinder und Jugendliche, die in sehr strengen, von Autorität geprägten Verhältnissen aufwachsen, werden oft dazu erzogen, dass Erwachsene immer im Recht sind und sie ihnen unbedingten Gehorsam entgegenbringen müssen. Täter und Täterinnen haben mit ihnen ein leichtes Spiel, da die Kinder das Fehlverhalten von Erwachsenen nicht als solches erkennen oder das Anvertrauen und Hilfeholen bei Dritten ihnen unmöglich erscheint. Das gilt insbesondere für Mädchen, die zur Unterordnung erzogen werden. 

Aber auch Jungen, die nicht gelernt haben, ihre eigenen Gefühle zu erkennen, über sie zu sprechen und stets nur Stärke zeigen sollen, sind gefährdet, Opfer von Missbrauch zu werden.  Diese Jungen haben oft große Hemmungen, sich jemandem anzuvertrauen und zu ihrer Hilfsbedürftigkeit zu stehen. 

Um sie vor sexuellen Übergriffen zu schützen, muss allen Kindern und Jugendlichen vermittelt werden, dass Erwachsene nicht immer im Recht sind. Auch Kinder und Jugendliche, die dazu erzogen worden sind, dass Sexualität etwas Schlechtes oder gar Sündhaftes ist, gehören zur Risikogruppe. Sie werden gezielt ausgewählt, weil der Missbrauch für sie eine „unaussprechliche Tat“ ist und sie zu viel Scham empfinden, um das Erlebte jemandem anzuvertrauen.

Zwei Kinder auf dem Spielplatz, im Hintergrund sieht man weitere Kinder und eine erwachsene Person

Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sind besonders gefährdet

Kinder und Jugendliche mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko, Opfer von sexuellem Missbrauch zu werden. 

Sie sind häufiger auf besondere Hilfe und Pflege angewiesen. Dieser Umstand macht sie besonders verletzlich, da die Hilfsbedürftigkeit von Tätern und Täterinnen für sexuelle Übergriffe ausgenutzt werden kann. 

Die alltägliche Erfahrung, dass andere den Körper versorgen (müssen), führt bei manchen Mädchen und Jungen dazu, dass sie kein ausgewogenes Körpergefühl entwickeln können und nicht wissen: Mein Körper gehört mir und ich kann selbst darüber bestimmen, was mit ihm geschieht. 

Viele Mädchen und Jungen mit Behinderungen bekommen von ihren Eltern und professionellen Helfer:innen zu wenig Wissen über ihren Körper und ihre Sexualität vermittelt, dabei wird ein positiver Zugang zum eigenen Körper verhindert. Außerdem wird die Sexualität von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung noch immer stark tabuisiert, was es für sie schwierig macht, den eigenen Körper zu entdecken und über ihre Bedürfnisse zu sprechen. Viele Mädchen und Jungen mit einer Behinderung sehnen sich dennoch nach Zärtlichkeit und Sexualität, was sie extrem angreifbar für Missbrauch macht. 

Da sie auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind, trauen sich Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen oft nicht aufzubegehren und sich gegen sexuelle Übergriffe zur wehren. 

 

Auch wissen sie in vielen Fällen gar nicht, wohin oder an wen sie sich wenden können, wenn sie Opfer von sexueller Gewalt geworden sind. Vielfach sind Beratungangebote nicht barrierefrei und nicht auf die Beratung von Menschen mit Behinderungen ausgerichtet. 

Bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung wird manchmal sogar die Betroffenheit relativiert: Es wird behauptet, sexueller Missbrauch sei weniger schlimm, weil sie angeblich weniger davon bemerken würden. 

Diese Aspekte, die das Risiko für sexuellen Missbrauch erhöhen, überdauern in der Regel die Kindheit und Jugend und können deshalb auch im Alter zu einem erhöhten Risiko führen, Opfer sexueller Gewalt zu werden.

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