Berlin/Bonn, 28.05.2025. Mit einer feierlichen Zeremonie und einem anschließenden Fachtag wurde heute am Universitätsklinikum Bonn (UKB) das Haus des Kinderschutzes eröffnet. Die Einrichtung wird vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert und durch die Dr. Axe-Stiftung unterstützt. Sie verfolgt einen multidisziplinären Ansatz, um Kinder und Jugendliche in akuten Gefährdungslagen umfassend zu versorgen. Die Veranstaltung wurde begleitet von NRW-Innenminister Herbert Reul, Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner sowie führenden Vertreter: innen aus Medizin, Justiz, Politik und Fachpraxis.
Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, war vor Ort und würdigte das neue Haus als wichtigen Meilenstein für den Schutz betroffener. In ihrem Vortrag hob sie die Bedeutung integrierter Versorgungsstrukturen hervor: „Kinder dürfen nach Gewalterfahrungen nicht länger von Institution zu Institution geschickt werden. Das Haus des Kinderschutzes steht für einen echten Perspektivwechsel: Hier kommt die Hilfe zum Kind – koordiniert, sensibel und unter einem Dach. Das reduziert Ängste, schützt vor weiterer Belastung und schafft einen Raum, in dem Vertrauen wachsen kann. Kinderschutz muss immer aus der Sicht des betroffenen Kindes gedacht werden. Kinder brauchen Beteiligungsmöglichkeiten, Rückzugsorte und vor allem eines: die Erfahrung, dass sie gehört und gestärkt werden.“
Wie Claus erklärte, setze sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Kinderschutz nur durch enge Kooperation aller relevanten Professionen gelingt. Das Bonner Modell sei daher Teil eines europäischen Trends, wie ihn beispielsweise Childhood-Häuser nach dem skandinavischen Barnahus-Konzept prägen. Das UKB gehe diesen Weg bereits seit 2007 mit einer interdisziplinären Kinderschutzgruppe – mit der heutigen Eröffnung werde dieser Ansatz substanziell weiterentwickelt.
Besonders betonte Claus die Bedeutung solcher Einrichtungen für Kinder, die sexualisierte Gewalt erlebt haben – häufig im unmittelbaren sozialen Umfeld und geprägt durch gezieltes strategisches Vorgehen der Täter und Täterinnen. „Die Spuren dieser Taten sind nicht immer sichtbar. Gerade deshalb sind vernetzte Diagnostik, sensible Befragung und gerichtsfeste Dokumentation so wichtig – in einer Umgebung, die Betroffene schützt, statt sie zusätzlich zu belasten“, so Claus. Das Haus des Kinderschutzes schließe hier eine entscheidende Versorgungslücke: Mit kindgerechten Vernehmungsräumen und frühzeitiger therapeutischer Anbindung biete es eine zentrale Anlaufstelle für betroffene Kinder und Jugendliche – abgestimmt auf ihre akuten, aber auch langfristigen Bedürfnisse.
Der Blick über die erste Versorgung hinaus ist der Beauftragten ein zentrales Anliegen. Hilfen müssten kontinuierlich verfügbar bleiben – insbesondere beim Übergang ins Erwachsenenleben. „Hilfe darf nicht enden, wenn die Akutsituation überstanden ist. Biografische Brüche verhindern wir nur, wenn wir über Zuständigkeitsgrenzen hinweg zusammenarbeiten und Kinder langfristig begleiten.“
Dazu gehörten vor allem frühzeitige Anschlussmöglichkeiten – etwa durch Ausbildungsförderung, flexible Bildungswege oder Angebote für junge Eltern. Auch Entschädigungsleistungen nach dem Sozialen Entschädigungsrecht (SGB XIV) sollten früh erfolgen, idealerweise begleitet von SER-Fallmanager:innen. Um stabile Perspektiven zu schaffen, brauche es Beratung über das 18. Lebensjahr hinaus, sowie stärkende Formate wie Mentoring und Peer-Angebote.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Podiumsdiskussion zum Thema „Herausforderungen im Kinderschutz“. Unter der Moderation von Dr. Eckart von Hirschhausen diskutierten Vertreter:innen aus Justiz, schulischer Krisenintervention, medizinischer Versorgung und Kirche über strukturelle Hürden, notwendige Reformen und konkrete Ansätze zur Verbesserung des Kinderschutzes in der Praxis.
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