Halle (Saale), 24.11.2025. Wie lässt sich Kinderschutz frühzeitig in der Ausbildung von Lehrkräften verankern – und wie können angehende Pädagog*innen lernen, Anzeichen sexualisierter Gewalt richtig zu deuten und sicher zu handeln? Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt der heutigen Veranstaltung „Kinderschutz im Studium“ an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, an der rund 200 angehende Lehrkräfte, Dozierende und weitere Interessierte teilnahmen. Organisiert wurde das Format von Jun.-Prof. Dr. Christopher Hempel (Institut für Schulpädagogik und Grundschuldidaktik) gemeinsam mit Noah Dejanović, der selbst sexualisierter Gewalt erfahren hat und sich seit Jahren für Prävention und Aufklärung engagiert. Dejanovic ist jüngst in den das Amt der Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen beratende Gremium des Betroffenenrats berufen worden. Unterstützt hat die Veranstaltung in Halle zudem Katja Sturm vom Deutschen Kinderschutzbund Sachsen.
Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus eröffnete die Veranstaltung und betonte in ihrer Ansprache die besondere Verantwortung von Lehrkräften im Kinderschutz: „Bildung kann nur gelingen, wenn Kinder und Jugendliche unbelastet lernen können. Deshalb brauchen Lehrkräfte grundlegende Kompetenzen, um Anzeichen sexualisierter Gewalt erkennen, richtig einordnen und Unterstützung ermöglichen zu können.“ Claus sprach sich dafür aus, Kinderschutz und Prävention sexualisierter Gewalt verbindlich im Curriculum aller pädagogischen Studiengänge zu verankern – damit Lehrkräfte im Verdachtsfall kompetent handeln und präventiv wirken können.
Sie verwies auf bewährte Instrumente wie die Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt", die ihr Amt seit 2015 in enger Kooperation mit den Kultusbehörden der Länder vorantreibt. Ziel sei es, dass die mehr als 30.000 Schulen in Deutschland zu Kompetenzorten des Kinderschutzes werden. Mittlerweile haben elf Bundesländer entsprechende Verpflichtungen eingeführt – ein wichtiger Fortschritt, dem weitere Länder folgen müssten, um langfristig flächendeckenden Kinderschutz sicherzustellen, so Claus. Als hilfreiches Werkzeug für Studium und Praxis stellte sie den digitalen Grundkurs „Was ist los mit Jaron?“ vor – ein Serious Game, das bundesweit als Fortbildung anerkannt ist und pädagogischen Fachkräften Grundlagenwissen und Gesprächssicherheit vermittelt.
Mit ihrem Beitrag gab Claus auch Einblicke in ihre politische Arbeit, die seit Sommer 2025 durch das UBSKM-Gesetzdauerhaft verankert ist. Damit wurden die Unabhängigkeit und institutionelle Stärke des Amtes gefestigt und der Auftrag zum Schutz von Kindern und Jugendlichen langfristig strukturell abgesichert.
Diskutiert wurde außerdem die zentrale Bedeutung wissenschaftlicher Grundlagen für politisches Handeln. Das von der UBSKM initiierte Zentrum für Forschung zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichenam Deutschen Jugendinstitut werde im nächsten Jahr erstmals bundesweite Erhebungen unter Neuntklässlern zum Ausmaß sexueller Gewalt durchführen. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, das Dunkelfeld besser zu beleuchten und Präventionsmaßnahmen noch gezielter zu gestalten.
Im weiteren Verlauf der Veranstaltung sprachen Katja Sturm, Fachreferentin des Deutschen Kinderschutzbundes, und Noah Dejanović aus Betroffenenperspektive über die praktischen Anforderungen an Lehrkräfte im Schulalltag. Ihre Beiträge machten deutlich, wie bedeutsam fundiertes Wissen und ein sensibler Umgang für den Schutz betroffener Kinder sind – und welche konkreten Strategien im pädagogischen Alltag helfen können.
In ihren abschließenden Worten verwies Claus auf weitere Maßnahmen ihres Amtes, darunter das Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch und die Online-Beratung „Schreib Ollie", die sich besonders an Kinder und Jugendliche richtet. Zudem stellte sie den Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen vor, in dem mehr als 300 Expert*innen aus allen Handlungsfeldern gemeinsam mit Betroffenen und der Forschung Strategien entwickeln – unter anderem damit Kinderschutz in der Ausbildung pädagogischer Fachkräfte festgeschrieben wird.
Claus dankte den Veranstaltenden für ihr Engagement und den Studierenden für ihr Interesse: „Gut informierte Lehrkräfte sind eine tragende Säule im Kinderschutz. Sie sind oft die ersten, die Anzeichen wahrnehmen – und können den entscheidenden Unterschied machen, wenn sie wissen, wie sie handeln müssen.“
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