Aus unserer Sicht (Betroffenenrat) | 09.04.2024

SONDERVOTUM ZUM ENTWURF EINES GESETZES ZUR ANPASSUNG DER MINDESTSTRAFEN

Sondervotum des Betroffenenrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte

Der bei dem UBSKM-Amt angesiedelte Betroffenenrat hatte die Gesetzesänderung von 2021 zur Anhebung der Mindeststrafe des § 184b StGB auf ein Jahr begrüßt. Die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz einer Vielzahl von sexualisierten Gewaltdarstellungen von Kindern und Jugendlichen sollte aus Sicht des Betroffenenrats weiterhin als Verbrechen und mit einer Mindeststrafe von einem Jahr geahndet werden. Abbildungen von sexualisierter Ausbeutung und Gewalt an Kindern und Jugendlichen werden gerade deshalb produziert, weil Menschen diese konsumieren.

Die Entlastung der Gerichte sollte nicht im Vordergrund der Argumentation für die Herabsetzung der Mindeststrafen beim § 184b StGB stehen, sondern das Verbrechen an Kindern und Jugendlichen.

Für die Verbreitung, den Besitz und das Herunterladen von Einzelbildern sexualisierter Gewaltdarstellungen von Kindern und Jugendlichen sollten deswegen andere juristische Lösungen gefunden werden, die eine Einstellung des Verfahrens ermöglichen.

Dringend muss nach Auffassung des Betroffenenrates entsprechend dem Ausmaß des Konsums und der Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen verstärkt in technische und personelle Ausstattung sowie in Aus- und Fortbildungen investiert werden, damit das Ausmaß an Straftaten zeitnah bewältigt werden kann.

Auch sollte nicht nur auf Stellungnahmen von Jurist*innen und Richter*innen im Referentenentwurf verwiesen werden, sondern z.B. auch auf Stellungnahmen von Fachberatungsstellen und Betroffenengruppen, damit die Perspektiven und das Erfahrungswissen von Betroffenen und der Beratungs- und Hilfestrukturen in die Argumentation zur Gesetzesänderung einbezogen werden.

Sollten sich die anstehenden Gesetzesänderungen zur Herabsetzung der Mindeststrafe beim § 184b StGB durchsetzen, sollte der Gesetzgeber ganz besonders darauf achten, dass sich keine neuen Schlupflöcher für Täter*innen ergeben und der Ermessensspielraum für Staatsanwält*innen bei Einstellungen auf den Erwerb und Besitz bzw. die Verbreitung von Einzelbildern beschränkt bleiben.

Derartige ermessenslenkende Maßgaben könnten beispielsweise in den RiStBV verankert werden.
Begleitend zur Gesetzesänderung sollte zudem nach einem Jahr die Praxis der Gerichte und Strafverfolgungsbehörden evaluiert werden, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie die Änderungen in der Praxis wirken, wie viele und welche Verfahren mit welchen Straftatbeständen und Begründungen eingestellt bzw. mit welchem Strafmaß abgeurteilt wurden.

Der Betroffenenrat fordert zudem die bagatellisierenden Begriffe „Kinderpornografie“ und „Jugendpornographie“ abzuschaffen und neu zu fassen.
Die Bezeichnungen Kinder- und Jugendpornographie sind verharmlosend, Täter*innensicht und -sprache. Es geht nicht um Pornographie, sondern um Bilder und Filmmaterial der sexualisierten Ausbeutung, sexualisierter Gewalt und Folter an Kindern und Jugendlichen.

Der Betroffenenrat empfiehlt die beiden Begriffe „Kinderpornographie“ bzw. „Jugendpornographie“ folgendermaßen zu ersetzen: „Darstellung sexualisierter Ausbeutung von Kindern bzw. Jugendlichen“ und „Sexualisierte Gewaltdarstellungen von Kindern bzw. Jugendlichen“.

Pressenanfragen an den Betroffenenrat unter: presse@betroffenenrat-ubskm.de
Diese Meldung beinhaltet Forderungen und Ansichten des Betroffenenrates und gibt nicht die Positionen des UBSKM-Amts wieder.

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