Berlin/Straßburg, 06.12.2024. Die Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, hat heute in Straßburg an der internationalen Konferenz "Der Kampf des Europarats gegen Kindesmissbrauch in Europas Institutionen" teilgenommen. Ausgerichtet wurde die Konferenz vom Europarat gemeinsam mit der Schweizer Delegation und der Guido Fluri Stiftung. Rund 100 Teilnehmende, darunter Minister*innen, Botschafter*innen, Parlamentarier*innen sowie zahlreiche Betroffene und Expert*innen aus ganz Europa, diskutierten die Umsetzung der Resolution 2533. Diese fordert eine systematische Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch in Institutionen nach Schweizer Vorbild.
Missbrauchsbeauftragte Claus erklärte in ihrem Vortrag: „Die Resolution 2533 des Europarates stellt essenzielle Voraussetzungen für die Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch auf. In Deutschland haben wir bereits wichtige Schritte unternommen – von der Einrichtung einer unabhängigen Aufarbeitungskommission bis hin zur Einführung von Anerkennungs- und Entschädigungsleistungen“. Weiterhin verwies sie auf bedeutende Entwicklungen in der Präventionsarbeit: „Prävention und Sensibilisierung sind zentrale Themen meines Amtes. Die Initiativen ‚Kein Raum für Missbrauch‘ und ‚Schule gegen sexuelle Gewalt‘ setzen auf institutionelle Schutzkonzepte. Auch wenn die flächendeckende Umsetzung noch nicht überall erreicht ist, wird in vielen Bundesländern bereits ein verbindlicher Rahmen geschaffen.“
Die Konferenz beschäftigte sich intensiv damit, dass die Zahl der Fälle von Kindesmissbrauch in Europa stetig steigt. Dabei umfasste sie unter anderem auch Beiträge zu Schwerpunktthemen wie dem Missbrauch in Kirchen. Neben der Analyse des Best-Practice-Modells aus der Schweiz wurde auch die Frage diskutiert, wie national tätige, nichtstaatliche Institutionen Verantwortung für die Aufarbeitung übernehmen können. Claus hob hervor, dass insbesondere die katholische Kirche mit ihren etablierten Anerkennungsverfahren wichtige Schritte unternommen hätte, um Missbrauchsopfern systematisch finanzielle Leistungen zuzusprechen. Im Sport setze das „Zentrum für Safe Sport“ ein positives Zeichen als Kontrollinstanz und unabhängige Anlaufstelle für Betroffene. Dennoch fehle es im Sport – wie auch in vielen anderen Organisationen oder Institutionen – an flächendeckenden, einheitlichen Systemen, die sowohl eine umfassende Aufarbeitung wie auch Prävention sicherstellten, so Claus.
„In Deutschland sind wir auf einem guten Weg, doch es gibt noch Verbesserungsbedarf“, betonte Kerstin Claus in ihrer Rede. Besonders wichtig sei es, den Zugang zu Entschädigungen zu erleichtern und einheitliche Anerkennungsleistungen für alle Betroffenen zu etablieren, unabhängig vom Kontext der Taten. Dringend erforderlich seien zudem die Schaffung eines nationalen Gedenkorts, der für die Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche einlädt, als auch eine politische Verantwortungsübernahme durch den deutschen Bundestag im Rahmen einer Feierstunde.
Claus ermutigte die Teilnehmer*innen, sich in ihren Ländern für die Umsetzung der Resolution stark zu machen und den internationalen Dialog zu fördern. Deutschland habe mit der Etablierung des Amtes der Unabhängigen Beauftragten eine europaweit einmalige, politisch mandatierte Struktur geschaffen. Diese könne eine Vorbildfunktion einnehmen: „Politische Entscheidungen brauchen nachhaltige Strukturen, wie sie für Deutschland über mein Amt erreicht wurden. Ähnliche Strukturen in allen anderen Ländern der EU und des Europarates würden uns im gemeinsamen Kampf gegen sexuelle Gewalt, wie auch in der so wichtigen Aufarbeitung von Taten der Vergangenheit deutlich voranbringen. Aktuell fehlt international das politische Gegenüber, um gemeinsam dem Kinderschutz das erforderliche Gewicht geben zu können.“
Die Konferenz endete mit einem deutlichen Appell an die Mitgliedsstaaten, entsprechende Voraussetzungen und nationale Strukturen zu schaffen.
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