PODCAST | Folge 50 | Martina Böhmer
Das Interview der Folge 50 als Transkript lesen
[00:00:01.080] - Martina Böhmer
Sexualisierte Gewalt gegen Mädchen, gegen Kinder, gegen Frauen. Das fängt ja im Säuglingsalter an und das hört halt nicht ab einem gewissen Alter auf, im Grunde. Und ich kenne Frauen, die zur Beratung kommen oder auch früher aus der Pflege, die es früher erlebt haben und in der Ehe und noch im hohen Alter. Also auch das passiert, das ist überhaupt gar keine Frage.
[00:00:23.830] - Nadia Kailouli
Hi. Herzlich willkommen bei einbiszwei, dem Podcast über Sexismus, sexuelle Übergriffe und sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Einbiszwei? Ja, genau. Ein bis zwei Kinder sind in jeder Schulklasse in Deutschland sexueller Gewalt ausgesetzt. Wieso das so häufig passiert und was man gegen sexuelle Übergriffe tun kann, das erfahrt ihr hier bei einbiszwei. Ich bin Nadia Kailouli und in diesem Podcast spreche ich mit Expert*innen, Journalist*innen und Betroffenen. Wir reden über akute Missstände, Anlaufstellen und persönliche Geschichten. Wenn es euch damit aber nicht so gut gehen sollte, wir haben in den Shownotes Telefonnummern und Hilfeangebote verlinkt, wo ihr Hilfe findet. Hier ist einbiszwei. Schön, dass du uns zuhörst.
Viele alte Frauen haben im Laufe ihres Lebens Gewalt erlebt: Häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt in der Kindheit oder Vergewaltigung im Krieg. Die meisten sprechen nicht darüber, weil es oft niemanden gibt, der zuhören möchte und weil ihre Berichte oft als verwirrt oder dement abgetan werden. Das muss sich ändern, sagte sich Martina Böhmer und gründete Paula e.V., eine Beratungsstelle für Frauen ab 60. Wie Paula e.V. alten Frauen Mut macht, sich gegen Gewalt zu wehren und die eigene Geschichte aufzuarbeiten, das erfahrt ihr jetzt in dieser Folge. Martina Böhmer, herzlich Willkommen bei einbiszwei.
[00:01:40.490] - Martina Böhmer
Ja, vielen herzlichen Dank und Hallo.
[00:01:42.100] - Nadia Kailouli
Hallo! Wir haben auch gesagt, wir duzen uns.
[00:01:44.360] - Martina Böhmer
Ja, auf jeden Fall.
[00:01:45.170] - Nadia Kailouli
"Warum nicht du?" Hast du eben gesagt. Das fand ich super. Martina, wir wollen heute mit dir über ein Thema sprechen, worüber wir hier bei einbiszwei eigentlich sehr selten, wenngleich noch gar nicht gesprochen haben. Und zwar geht es um sexualisierte Gewalt gegenüber älteren Frauen. Warum ist es so wichtig, dass wir darüber sprechen?
[00:02:03.830] - Martina Böhmer
Ja, in dem Zusammenhang möchte ich mich überhaupt erst mal bedanken und meine Freude zum Ausdruck bringen, dass ich hier sprechen darf und dass das ja auch so eine große Community bekommt. Ja, und das ist sehr komisch, dass darüber so wenig gesprochen wird, weil das hat sicherlich was mit einem Altenbild zu tun. Es gibt ja sehr viele Bereiche und sehr viel Öffentlichkeit mittlerweile zum Thema Gewalt gegen Frauen, Gewalt gegen Kinder. Und wenn gesprochen wird zum Thema Gewalt gegen Alte, dann ist es oft in dem Zusammenhang Gewalt in der Pflege und es wird nicht mehr darüber nachgedacht, dass eben auch heute alte Frauen in ihrer Kindheit, im Erwachsenenalter, im Leben überhaupt und auch jetzt sexualisierte Gewalt erfahren. Und das ist mir eigentlich völlig unverständlich, warum das nicht weitergedacht wird. Und ich erkläre es mir tatsächlich mit einem Bild, was man so von alten Menschen, von alten Frauen hat, die verbindet man mit allen möglichen Sachen, aber eben nicht mehr mit Lebensereignissen, die geprägt sein können und auch oft sind von sexualisierter und anderer Gewalt.
[00:03:05.390] - Nadia Kailouli
Wir sprechen heute ganz gezielt mit dir darüber. Du hast sehr, sehr lange als Altenpflegerin gearbeitet und hast dann irgendwann den Verein Paula e.V. gegründet, der sich darauf konzentriert, eben eine Anlaufstelle zu sein für ältere Frauen, die sich bei Paula e.V. eben hinwenden können, um ihre Erfahrungen zu schildern und dort Hilfe zu bekommen. Wie bist du dazu gekommen, zu sagen, ich muss jetzt diesen Verein gründen?
[00:03:30.890] - Martina Böhmer
Das ist ein bisschen eine lange Geschichte. Ich versuche so kurz wie möglich zu erzählen. Wie gesagt, ich habe lange in der Altenpflege gearbeitet und ich bin selbst Feministin und bin seit vielen Jahren auch beschäftigt mit dem Thema Gewalt und sexualisierte Gewalt. Auch aus meiner eigenen Geschichte heraus. Und in der Altenpflege sind mir natürlich viele alte Frauen begegnet, die mir auch von ihren Erlebnissen erzählt haben. Und ja, für mich waren das nicht einfach nur alte Menschen und Bewohnerinnen, wie es oft gesagt wird oder Seniorinnen, sondern es waren Frauen mit einer Frauengeschichte, mit einer Lebensgeschichte. Und im Laufe der Jahre sind mir doch viele Frauen begegnet, die davon berichtet haben. Und ich habe dann im Rahmen einer Weiterbildung ein Buch geschrieben zum Thema Sexualisierte Gewalt im Leben heute alter Frauen. Das hat sich ergeben aus den Erfahrungen und aus den Begegnungen. Und nachdem ich das geschrieben habe und da auch angefangen habe, Fortbildungen zu geben und ich habe versucht, quasi die Welt zu sensibilisieren und die Pflege zu sensibilisieren, dass eben alte Frauen diese Geschichten erlebt haben und dass sie ein bisschen eine andere Pflege brauchen, als es so gemeinhin üblich ist. War es für mich und ich glaube auch für meine Kolleginnen immer schwieriger, mit mir zusammenzuarbeiten, weil ich da auch immer mehr so geguckt habe, was brauchen die alten Frauen? Und das war manchmal auch störend. Ich habe dann aufgehört, in der Pflege zu arbeiten, habe angefangen freiberuflich mit diesem Thema durchs Land zu ziehen und habe das erst angeboten als Thema, als Vortrag bei Frauenberatungsstellen im Land. Und auch dort bin ich am Anfang auf Überraschung gestoßen. Ach so, alte Frauen, da haben wir gar nicht drüber nachgedacht, dass die natürlich auch betroffen waren oder eine Beratungsmöglichkeit oder eine Unterstützungsmöglichkeit brauchen. Und so hat sich der Gedanke in mir festgesetzt, so eine Art Beratungsstelle zu gründen und war mir dann auch dadurch, dass ich nicht mehr in der Pflege gearbeitet habe, der Kontakt mit den alten Frauen gefehlt hat. Weil tatsächlich war es in der Pflege auch oft so, dass da schon Beratungsgespräche stattgefunden haben. Ich habe dann mich weiterbilden lassen zur Traumafachberaterin, habe vor elf Jahren den Verein Paula e.V. gegründet und dann letztendlich die Beratungsstelle für Frauen ab 60, die Gewalt erlebt haben.
[00:05:48.650] - Nadia Kailouli
Da sagst du es noch mal ganz konkret: Es ist eine Beratungsstelle für Frauen ab 60 und du hast jetzt gerade in einem Satz gesagt Frauen, die darüber berichtet, dass sie auch sexualisierte Gewalt erlebt haben. Ist es denn hauptsächlich so, dass wenn wir über sexualisierte Gewalt im Zusammenhang mit alten Frauen - ich finde das Wort auch so komisch, eine alte Frau. Ab wann ist eine Frau alt?
[00:06:09.340] - Martina Böhmer
Warum findest du das komisch?
[00:06:10.660] - Nadia Kailouli
Ich weiß nicht, weil ich mir immer denke, ab wann ist man denn alt?
[00:06:13.480] - Martina Böhmer
Ja, aber das finde ich schon eine ganz spannende Diskussion im Grunde. Das werde ich natürlich oft gefragt: "Alte Frauen, das darf man doch nicht sagen. Das gehört sich nicht. Das ist unfreundlich, unhöflich", aber es benennt einfach. Und mir ist immer wichtig, die Dinge beim Namen zu nennen. Ansonsten werden Frauen im Alter genannt: "Seniorinnen" oder "ältere Dame" oder keine Ahnung wie. Du hast vorhin auch immer wieder ältere Frauen gesagt und hast dich nicht getraut, alte Frauen zu sagen.
[00:06:39.670] - Nadia Kailouli
Ja, das stimmt.
[00:06:40.420] - Martina Böhmer
Ist offensichtlich ein Schimpfwort. Aber das stimmt ja gar nicht. Junge Frauen, alte Frauen. Mir geht es darum, das Wort Frau auch vor allen Dingen zu benutzen und eben nicht "Seniorinnen" oder so eine Umschreibung. Weil wenn wir an Seniorin denken oder an ältere Dame, da kommen wir erst mal ja überhaupt gar nicht auf die Idee zu denken, eine ältere Dame hat auch einen prügelnden oder einen vergewaltigten Ehemann zu Hause. Da denken wir dann schon gar nicht dran. Deswegen ist es mir wichtig, das zu benennen, wie es ist und wir haben in dem Verein, in der Vereinsgründung natürlich auch drüber nachgedacht und haben uns dann entschieden zu sagen für Frauen ab 60, da kommen wir dann quasi drum herum, um diese "Seniorinnen" oder so und kommen drumrum, "alte Frauen" jetzt zu nennen, weil das eben bei vielen auf Widerstand stößt, wie ja bei dir tatsächlich auch.
[00:07:28.420] - Nadia Kailouli
Bei mir wahrscheinlich auch, weil ich mir denke, ich werde niemals eine alte Frau. Ich bin immer eine Frau, eine coole, flotte Frau, egal wie alt ich bin.
[00:07:35.050] - Martina Böhmer
Das ist natürlich das Allerbeste.
[00:07:37.660] - Nadia Kailouli
Aber klar, man kann es einfach auch mal beim Namen nennen. Wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, wie zum Beispiel ab 60, ja, dann kann man schon mal sagen: "Ja, ich bin halt schon mal alt."
[00:07:45.460] - Martina Böhmer
Also letztendlich geht es ja darum zu sagen, das ist eine Beratungsstelle, die wir da gegründet haben für Frauen, die älter bis hochaltrig sind.
[00:07:53.410] - Nadia Kailouli
Okay
[00:07:54.000] - Martina Böhmer
und es ist natürlich, du merkst schon, es ist schwierig das so richtig beim Namen zu nennen.
[00:07:56.980] - Nadia Kailouli
Es ist schwierig, gerade in den feministischen Zeiten, in denen wir uns ja aktiv bewegen, dass man da die richtige Begrifflichkeit nimmt. Aber du hast ja gesagt, du bist Freundin davon, die Sachen beim Namen zu nennen.
[00:08:10.930] - Martina Böhmer
Aber um ehrlich zu sein, um das noch zu sagen, so in diesen feministischen Kreisen würde ich mir denn auch mehr Diskussion darüber wünschen, ey warum haben wir uns nie um ältere alte Frauen gekümmert? Oder warum sind die nie in unserem Kopf mit gewesen, als wir unsere Beratungsstellen gegründet haben? Oder wenn wir über Gewalt gegen Frauen sprechen?
[00:08:29.170] - Nadia Kailouli
Das ist. Ich meine, wir machen diesen Podcast ja jetzt nun auch eine Weile und ich habe es ja eingangs schon gesagt, wir haben bisher auch noch nicht so wirklich über das Thema "alte Frau" gesprochen. Wir hatten hier zwar schon Gästinnen, die alt waren oder sind und darüber gesprochen haben, was sie in der Vergangenheit erlebt haben, aber du hast schon recht mit dem Punkt, dass natürlich auch alte Frauen genauso wahrgenommen werden müssen und ernstgenommen werden müssen in ihrer Gewalterfahrung, die sie erlebt haben oder eben noch erleben. Und da kommen wir zu meiner nächsten Frage: Wie erlebst du das denn? Sind das hauptsächlich Fälle und Geschichten von Frauen, die Gewalt erlebt haben in der Vergangenheit und immer noch nicht die Geschichte wirklich aufgearbeitet haben, dieses Trauma? Oder ist deine Erfahrung eben auch, dass auch heute im Alter der Frau mit 60,70,80, sei es 90, sei es in der Pflege, aber auch zu Hause eben gerade sexualisierte Gewalt stattfindet?
[00:09:23.950] - Martina Böhmer
Ja, beides. Also das zieht sich durch das gesamte Leben, wie wir das ganz allgemein kennen beim Thema sexualisierte Gewalt gegen Mädchen, gegen Kinder, gegen Frauen, das fängt ja im Säuglingsalter an und das hört halt nicht ab einem gewissen Alter auf im Grunde. Und ich kenne Frauen, die zur Beratung kommen oder auch früher aus der Pflege, die es früher erlebt haben und in der Ehe und noch im hohen Alter. Also auch das passiert, das ist überhaupt gar keine Frage im Grunde.
[00:09:52.390] - Nadia Kailouli
Wie berät man dann also, wenn Frauen den Weg zu dir, zu Paula e.V. finden und meinetwegen erzählen: "Ich bin seit 40 Jahren mit meinem Mann zusammen und erkenne immer mehr, dass das, was da zu Hause bei uns passiert, nicht gut ist. Ich muss da irgendwie raus." Also kommen solche Fragen: "Ich muss raus, können sie mir helfen", oder so? Weil man denkt sich natürlich eine alte Frau, die seit 40 Jahren mit jemandem zusammenlebt, wenn sie es bis jetzt nicht geschafft hat, dann wird sie es auch in den nächsten 20 Jahren nicht schaffen.
[00:10:17.380] - Martina Böhmer
Also so würde ich das gar nicht benennen. Alte Frauen haben natürlich nochmal einen anderen Hintergrund, häufig, weil die manchmal auch ihre Männer pflegen oder selber pflegebedürftig sind. Da gibt es noch mal andere Abhängigkeiten, als wir das in jüngeren Jahren schon auch kennen. Also das ist ganz unterschiedlich. Es gibt Frauen. Oder vielleicht kann ich einfach mal ein Beispiel erzählen. Ich habe eine Frau erlebt, die mir erzählt hat, dass sie seit 50 Jahren häusliche Gewalt erlebt und die ist gekommen aber zum Thema: "Ich muss meinen Mann pflegen und ich bin erschöpft und ich habe selber die Diagnose Demenz bekommen. Mein Mann hat eine Demenzerkrankung, ist bettlägerig und ich muss den versorgen." Und es wurde schon ziemlich deutlich, oder ich hatte so ein Gefühl von, ich muss jetzt mal die Frage stellen: "Wollen Sie das überhaupt? Wollen Sie Ihren Mann überhaupt pflegen?" Und dann hat sie gesagt: "Nein", und dann habe ich gefragt: "Warum nicht?" Und üblicherweise ist in so einer Pflegeberatung, geht es mehrheitlich darum, wie kann die Pflege entlastet werden? Wie kann die Frau ein bisschen entlastet werden? Was gibt es sonst noch für Hilfeangebote? Und es stellte sich dann heraus, dass die Frau das eigentlich gar nicht möchte. Und dann habe ich sie gefragt: "Warum nicht?" Und diese klaren Fragen, die dann auch gestellt werden müssen, um den Frauen auch die Tür aufzumachen, war dann hilfreich, dass sie dann gesagt hat: "Ich erlebe seit 50 Jahren häusliche Gewalt von meinem Mann." Ich habe nicht näher erfahren, ob das auch sexualisierte Gewalt war, ich habe es vermutet aus ihrem Verhalten. Und ich habe sie dann darin bestärkt und habe ihr gesagt: "Das verstehe ich komplett, dass sie keine Lust haben, den jetzt auch zu versorgen und zu pflegen, wo der immer gewalttätig gegen sie war." Und habe sie da einfach sehr bestärkt und sie hat es das erste Mal erlebt, dass jemand gesagt hat: "Sie müssen den nicht versorgen, sie müssen den nicht pflegen, es gibt andere Angebote." Und mit dieser Unterstützung hat sie es geschafft, den Mann in eine Altenpflegeeinrichtung zu geben, hat ihn dann besucht. Er hat die immer angerufen. Auch da habe ich ihr die Unterstützung gegeben und gesagt: "Das müssen sie nicht tun, Sie dürfen das Telefon abstellen. Sie haben keine Verpflichtung, sich weiter um diesen Menschen zu kümmern. Der ist jetzt in der Versorgung." Dann hat sie noch nicht mehr besucht. Als er gestorben ist, war sie auch nicht auf der Beerdigung. Hat da natürlich viel Widerstand bekommen von Nachbarn, von ihrem Sohn auch und auch dazu habe ich sie immer wieder auch bestärkt und unterstützt mit: "Sie dürfen das, Das ist völlig in Ordnung so und haben Sie da kein schlechtes Gewissen." Und so hat diese Frau das geschafft. Das ist also über ein paar Monate gegangen, aber das war sehr wichtig für sie, dass sie diese Unterstützung bekommen hat. Und sie war danach wirklich wie befreit und hat dann auch gesagt: "So, jetzt geh ich noch mal los, ich will mich noch mal neu verlieben", und die war knapp 80.
[00:13:03.430] - Nadia Kailouli
Das ist ein sehr eindringliches Beispiel, was du gerade geschildert hast, weil man sich natürlich denkt, mein Gott, da ist man so viele Jahrzehnte ja zusammen und wie kann die Ehefrau Frau ihren Mann dann in den schwierigsten Zeiten seines Lebens dann so im Stich lassen? Aber da wird deutlich, dass diese Frau ja über jahrzehntelang eben genau von ihrem Ehepartner Gewalt erfahren hat und irgendwann der Punkt war, wo man sagt: "Nein, jetzt..."
[00:13:26.800] - Martina Böhmer
Und sie hat ihn ja nicht wirklich im Stich gelassen. Sie hat ja dafür gesorgt, dass er in einer Einrichtung versorgt wird. Und dieses Beispiel zeigt, dass es wichtig gewesen wäre, dass diese Frau schon vorher Unterstützung bekommen hätte. Und ich weiß von vielen alten Frauen, die sagen: "Ich habe bei der Eheschließung versprochen, in guten wie in schlechten Tagen." Und daran halten die sich ganz oft. Und auch dieses Thema Vergewaltigung in der Ehe, das war ja kein Straftatbestand, das wurde so auch gar nicht benannt zu einem großen Teil, oder es gab keine Unterstützung. Und viele haben gesagt, wenn die mit anderen Frauen gesprochen haben: "Na ja, ich erlebt das ja auch so", und dann haben die sich beraten, wie sie das irgendwie hinkriegen können, aber eher selten, dass sie sich halt auch trennen können. Und ich habe aber auch Frauen in Beratung erlebt, die sich haben scheiden lassen. Also ganz speziell denke ich da an eine Frau, die kam zur Beratung, die war völlig verzweifelt, völlig in Scham. Ende 80, also sie war über 80, nicht 1980 und sie berichtete, dass sie sich vor ein paar Jahren von ihrem Mann hat scheiden lassen. Nun hat der Mann eine Demenzerkrankung, eine Anfängliche. Steht wieder bei ihr vor der Tür. Sie machte ihm die Tür auf. Er kam rein und vergewaltigte sie auf dem Sofa und filmte das sogar auch noch. Die Frau hat sich zu Tode geschämt, dass sie ihm überhaupt noch die Tür aufgemacht hat und dass sie das über sich ergehen lassen. Und es war aber großartig, dass sie unseren Flyer in die Hand bekommen hat und von der Beratungsstelle erfahren hat und gekommen ist auch. Und ich konnte sie dann dahingehend beraten. Ja, ich habe ihr dann die Scham irgendwie nehmen können, indem ich ihr auch gesagt habe und erklärt habe, dass es eben vielen Frauen so geht und warum das so ist, dass Frauen halt die Scham eigentlich immer schon zugeschrieben bekommen und dass das aber nicht richtig ist. Und habe sie dann beraten, ihm die Tür nicht mehr aufzumachen, Guckloch in die Tür zu machen, um zu schauen, wenn er vor der Tür steht. Und dann hat sie noch berichtet, dass es auf dem Sofa passiert und dann habe ich gefragt, ob sie das Sofa entsorgen kann und das konnte sie aber nicht aus finanziellen Gründen. Und dann hatten wir die Idee, oder wir haben die Idee entwickelt da eine bunte Decke drüber zu legen, damit sie sich da nicht immer permanent dran erinnert fühlt, also dass sie da einfach ein anderes Bild hat. Und das hat sie alles gemacht und war da sehr erleichtert und sehr froh. Und ich habe sie nicht wieder getroffen, aber ich habe die Vermutung, dass sie sich jetzt vor diesem Mann geschützt hat.
[00:15:55.930] - Nadia Kailouli
Ja. Ich finde das ein ganz gutes Beispiel, was du gerade erzählt hast. Das mit dieser Decke. Das klingt so nach einer Kleinigkeit, was aber für diese Frau natürlich ein riesen Wert hatte. Alleine, dass sie jemanden hatte, wie eben dich oder euch von Paula e.V., zu sagen, okay, was können wir tun, damit sie sich in ihren eigenen vier Wänden auf Ihrem Sofa wieder besser fühlt.
[00:16:15.140] - Martina Böhmer
Und ihren Raum sich nehmen kann.
[00:16:17.480] - Nadia Kailouli
Und ich glaube, viele fragen sich immer: "Was passiert denn in so einer Beratungsstelle?", und damit hast du das finde ich ganz gut mal beschrieben, dass es nicht immer um das große Ganze geht, wie kommt man jetzt irgendwo raus? Sondern dass es eben manchmal auch diese Kleinigkeiten sind, die aber viel mit sich bringen, wie zum Beispiel eine Lösung finden, wie können wir Ihr Sofa so gestalten, dass sie da...
[00:16:36.920] - Martina Böhmer
Ich glaube, das Wichtige oder noch Wichtigere war aber, dass sie ihre Scham verlieren konnte, dass sie verstehen konnte, dass sie Verständnis bekam, dass sie verstehen konnte, nicht sie hat sich zu schämen, sondern der Mann hat sich zu schämen und das ist oft das Wesentliche. Und das Wesentliche in den Beratungen ist auch immer wieder, den Frauen deutlich zu machen, die mit verschiedenen Verhaltensweisen vielleicht nicht zurechtkommen, die Schlafstörungen haben diese ganzen Traumafolgen, die das aber nicht zuordnen können, die sich zum Teil selbst als verrückt bezeichnen. Also die Frau, von der ich zuerst erzählt habe, die eine beginnende Demenz diagnostiziert bekommen hat, die hat überhaupt keine Demenz gehabt, aber ihr Hausarzt hat ihr das so bescheinigt und letztendlich war sie aber im Stress und er war immer wieder getriggert von diesem Mann, den sie da versorgen musste. Und von einer Demenzerkrankung, wo ja das Wesen Erinnerungsdefizite sind, war überhaupt nicht zu spüren. Aber wie schnell geht das dann, dass gerade auch alte Frauen, die sich ja ver-rückt verhalten, weil sie verrückt wurden oder weil sie geschädigt wurden, sehr schnell diese Diagnose Demenz bekommen, vom Umfeld, von Angehörigen und aber auch sehr schnell von Hausärzten und Ärztinnen.
[00:17:49.790] - Nadia Kailouli
Weil irgendwann bricht es halt aus einem aus und...
[00:17:52.740] - Martina Böhmer
Manchmal ist es so das Tüpfelchen.
[00:17:54.350] - Nadia Kailouli
Ja, genau, weil wir leben ja zum Glück mittlerweile in einer Gesellschaft, wo das Thema Therapie, Traumatherapie sich überhaupt an jemanden wenden und darüber sprechen, was einem widerfahren ist, um Hilfe zu bekommen, ist ja zum Glück nicht mehr so ein Tabuthema, wie es früher einmal ja war. "Also wer zum Therapeuten geht, der hat einen Knacks. Trauma ist sowieso oh Gott, wie Trauma? Was soll das?"
[00:18:16.220] - Martina Böhmer
Sind wir das nicht alle?
[00:18:17.310] - Nadia Kailouli
Ja, genau! Und jetzt kann ich mir natürlich vorstellen, dass eine alte Frau in ihren jungen Jahren, die sexualisierte Gewalt erlebt hat, eben nicht direkt empfohlen bekommen hat oder selber den Weg dorthin gefunden hat, zu sagen: "Okay, ich brauche eine Therapie, um das zu verarbeiten, in dem Maße, wo es überhaupt möglich ist." Wie erlebst du das, wenn alte Frauen eben zu euch kommen, zu Paula e.V. kommen und das erste Mal vielleicht sogar in ihrem Leben darüber sprechen, was sie erfahren haben?
[00:18:44.870] - Martina Böhmer
Also tatsächlich ist es oft so, dass sie hier bei Paula einen Raum haben und Zeit haben und ein Gegenüber haben, wo sie auf Verständnis treffen, was für viele Frauen einmalig oder erstmalig so ist. Es gibt aber tatsächlich auch viele Frauen, die schon Therapie erfahren sind tatsächlich. Und die, also im Moment habe ich mehrere Frauen in Beratung, die auch therapieerfahren sind, die ihr Leben lang schon mal Therapie gemacht haben. Gerade die Frauen, die in jungen Jahren sexualisierte Gewalt erlebt haben und sogar schon in Psychiatrien gewesen sind oder im Alter in Gerontopsychiatrien gewesen sind. Das kommt auch relativ häufig vor und die sind natürlich ein Stück weit auch vertraut mit ihrem Thema und sind aber dann jetzt möglicherweise an dem Punkt, wo sie alt sind, wo sie auch noch mal an einer anderen Stelle hilfebedürftig sind, wieder in Ohnmacht sind, ihre Kontrolle abgeben müssen, weil sie wie gesagt, hilfebedürftig sind und wo so alte Sachen noch mal aufbrechen. Und da ist die Beratungsstelle Paula e.V. ein guter Ort auch für Frauen, die schon Therapie erfahren sind, weil wir die verschiedensten Themen anbieten können oder uns mit den verschiedensten Themen auskennen, mit sexualisierter Gewalt, aber auch mit Nachkriegsgewalt, mit Bindungsstörungen, mit aber auch Themen, die das Alter mit sich bringen, mit einer Hilfebedürftigkeit, möglicherweise mit einer vielleicht beginnenden Demenzerkrankung oder mit, Frau ist auf einmal Pflegeperson oder wird gepflegt. Da brechen noch mal ganz andere Themen auf und deswegen ist Paula ein sehr guter Ort. Und aber natürlich auch für die Frauen, die noch gar nicht darüber gesprochen haben insbesondere.
[00:20:24.020] - Nadia Kailouli
Wo sitzt ihr, in?
[00:20:25.220] - Martina Böhmer
In Köln, in der Kölner Südstadt.
[00:20:27.440] - Nadia Kailouli
Und es gibt ja so eine Einrichtung wie euch jetzt nicht in jeder deutschen Stadt, oder?
[00:20:30.980] - Martina Böhmer
Nein, das gibt es bundesweit gar nicht. Gar nicht. Und tatsächlich ist es so, die Beratungsstelle habe ich vor elf Jahren gegründet und wir haben seit diesem Jahr tatsächlich mal das erste Mal eine Finanzierung über die Stadt Köln, die für dieses Jahr und für nächstes Jahr erst mal zugesagt ist, für eine halbe Stelle, aber es ist noch keine Regelversorgung, keine Regelfinanzierung. Da ringen wir weiter drum. Und insofern können wir natürlich gar nicht so viele Frauen erreichen und beraten und unterstützen, wie wir es gerne täten und wie es auch nötig wäre.
[00:21:02.540] - Nadia Kailouli
Das heißt, die Frauen, die euch finden, das sind auch die Frauen im Kölner Raum, oder kann man euch auch aus Berlin anrufen?
[00:21:09.230] - Martina Böhmer
Anrufen geht natürlich immer. Wir bieten auch Onlineberatung an und es gab tatsächlich schon auch Frauen, die bundesweit sich bei uns gemeldet haben. Das hat auch damit zu tun, dass wir viel Öffentlichkeitsarbeit machen. Also je mehr Öffentlichkeitsarbeit wir machen, desto mehr melden sich natürlich. Ja, und dann fragen wir auch nicht, von wo jemand anruft oder sich meldet. Nur die Frauen, die Face to Face Beratung haben möchten, die sollten natürlich aus dem Umfeld kommen, damit sie zu uns kommen können. Im Moment haben wir das Glück, dass wir eine Finanzierung der Deutschen Fernsehlotterie haben, in Kooperation auch mit Medica Mondiale in Köln, die uns da unterstützen, wo wir aufsuchende Beratung machen können, kölnweit und manchmal auch ein Stück weit über Köln hinaus.
[00:21:53.450] - Nadia Kailouli
Kann ich mir zum Beispiel vorstellen, wenn ihr, ihr wollt die Leute ja irgendwie erreichen und einfach zeigen: "Hey, uns gibt es." Wir machen heute einen Beitrag damit, dass wir uns heute im Podcast über Paula e.V. unterhalten, aber andere Vereine gehen an Schulen, gehen in Turnverein und sagen: "Hier uns gibt es, ihr könnt euch melden, ihr könnt mit uns sprechen." Wie macht ihr das? Geht hier ins Pflegeheim und legt da Flyer hin oder wie kann man sich das vorstellen?
[00:22:17.960] - Martina Böhmer
Also ins Pflegeheim gehen wir eher selten. Da sind wir gerade noch mal sehr damit beschäftigt, wie erreichen wir Pflegende? Weil Pflegende per se ja quasi mit der Muttermilch eingezogen haben, dass sie keine Zeit haben für besondere Themen in Anführungszeichen. Das ist ganz schwierig, da reinzukommen. Andere gehen in Schulen, wir gehen in Seniorenberatungsstellen, wir gehen in Netzwerke, der Seniorenberatung, der offenen Altenhilfe, wir gehen in die Kirchen, überall da, wo wir vermuten, dass alte Frauen auftauchen. Das Problem ist natürlich, die Frauen zu erreichen, die nicht in irgendeinem Altenhilfekontext schon auch unterwegs sind. Da machen wir so weit, wie es möglich ist, Öffentlichkeitsarbeit in Form von Interviews, Zeitunginterview. Es gab eine Sendung bei uns in Nordrhein Westfalen im WDR, "Frau tv", da gab es einen Beitrag.
[00:23:09.260] - Nadia Kailouli
Gibt es die nicht mehr?
[00:23:09.350] - Martina Böhmer
Doch, doch, doch, gibt es in NRW. Ich weiß nicht, ob das hier in Berlin...
[00:23:13.490] - Nadia Kailouli
"Frau tv", das kennt man deutschlandweit. Das ist eine super Sendung, liebe ich!
[00:23:14.930] - Martina Böhmer
Da bin ich ja froh, ich auch!
[00:23:15.170] - Nadia Kailouli
Ich dachte schon, oh Gott Ist die abgesetzt?
[00:23:21.260] - Martina Böhmer
Nein, nein, nein, nein. Ich denke dann immer drüber nach. Das ist ja im WDR und dann weiß man nicht, welche Menschen schauen, wer kennt das? Weil manchmal ist das nicht bekannt, aber auf jeden Fall WDR "Frau tv" donnerstags, auf jeden Fall wichtig zu schauen. Da gab es einen Bericht und daraufhin haben sich natürlich viele Frauen gemeldet. Das Spannende da war, dass ich in diesem Beitrag sehr konzentriert über das Thema sexualisierte Gewalt gesprochen habe. Und es gab zum Beispiel eine Frau, die hat angerufen, hat gesagt: "Kann ich auch mit anderen Themen kommen?" Ja, klar kann sie auch mit anderen Themen kommen. Sie kam und hatte das Thema sexualisierte Gewalt. Und je mehr wir natürlich solche Öffentlichkeitsarbeit machen, oder im letzten Jahr gab es in Köln an mich einen der Ehrenamtspreise der Stadt Köln im letzten Jahr war. Wobei ich denke ja, ich hätte gerne Finanzierung und kein Ehrenamtspreis, aber darüber gab es natürlich auch noch mal viel Öffentlichkeitsarbeit und dann melden sich halt dann auch entsprechend viele.
[00:24:18.050] - Nadia Kailouli
Ich finde das sehr gut, dass du das gerade gesagt hast, du hättest lieber Finanzierung als einen Ehrenamtspreis. Also herzlichen Glückwunsch zu dem Preis, aber ich glaube, wir wissen genau was du uns damit sagen möchtest.
[00:24:26.460] - Martina Böhmer
Ich habe mich damit ein bisschen schwer getan.
[00:24:27.500] - Nadia Kailouli
Ja, ja, na ja, du machst ja eben gerade auch sehr deutlich. Und ich glaube, jetzt wo wir drüber reden, werden wir alle ein bisschen sensibilisiert und auch getriggert, dass das natürlich klar ist, dass eben auch alte Frauen Gewalterfahrungen entweder gesammelt haben oder noch sammeln, eben durch die Ehemänner, die sie pflegen, durch, aber auch vielleicht der Ort, wo sie auf andere angewiesen sind, wie zum Beispiel in der Pflege. Du hast ja lange in der Altenpflege gearbeitet, wie würdest du sagen, ist es dort ein Problem, dass Frauen dort schutzlos manchmal sind?
[00:24:56.870] - Martina Böhmer
Frauen sind immer schutzlos an offenen Orten. Und gerade in der Altenpflege, also im Altenheim, sind offene Orte, wo wirklich jeder Mann reinkommen kann, ohne dass das großartig auffällt. In der ambulanten Versorgung, es ist auch ein offener Raum, die Frauen wissen nicht, wer da kommt. Also es gibt ja den Spruch: "Täter gehen dahin, wo sie ihre Opfer finden", und das ist im Kinderheim, das ist im Reitsport, das ist im Sportverein, das ist auch in der Altenpflege natürlich so. Das Problem ist zusätzlich, dass wenn eine alte Frau davon berichtet, dass ein Pfleger sie übergriffig behandelt hat oder gar vergewaltigt hat, ihr das niemand glaubt erst mal, weil gerade in den Altenpflegeeinrichtungen. Es ist ja in den letzten Jahren so, dass da immer mehr Frauen sind, die schwerst pflegebedürftig sind, die eben nicht mehr zu Hause versorgt werden können. Blüm hat ja mal gesagt: "ambulant vor stationär", insofern hat sich da sehr vieles verändert. Und es sind häufig auch Frauen, hochaltrig, sehr pflegebedürftig, auch mit Demenzerkrankungen und wenn dann eine Frau, sagt: "Der junge Pfleger, der hat da und das mit mir gemacht", wer bitte soll das glauben? Wir haben am Anfang davon gesprochen, was haben wir alles für einen Altenbild? Wie können wir das auch sehen dieses Thema? Das ist mein großes Problem. Und das zweite große Problem ist, dass in der Pflege mehrheitlich ja auch Frauen arbeiten, die zum Teil ja auch betroffen sind, also das macht es ja auch so schwer mit diesem Thema, sexualisierte Gewalt und Traumatisierungen, ja damit in der Öffentlichkeit auch in der Pflege herstellen zu können, die das für sich nicht aushalten, sich damit auseinanderzusetzen, oder die sagen, ich habe das zu Hause, ich kann mich da jetzt hier auch nicht noch mit beschäftigen. Das ist das eine. Und das andere ist ja, wo bekommen die dann noch Unterstützung? Also da gehört ja auch Mut zu ja, dass eine Pflegende sagt: "Die alte Frau hat gesagt, unser Pflegedienstleiter oder mein Heimleiter oder mein Kollege ist zu ihr ins Bett gestiegen", also wie soll das gehen? Die haben dann natürlich auch Hemmungen, Ohnmachtsgefühle, wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen und das ist total schwierig, da von uns aus unterstützend einwirken zu können. Ich kenne Altenpflegeeinrichtungen, die haben mich mal angefragt zu einer Fortbildung zu diesem Thema und es stellte sich heraus, dass in der Einrichtung eine hochaltrige, bettlägerige Frau von einem Fremdtäter vergewaltigt worden ist. Alle, die in der Einrichtung gearbeitet haben, die wussten das gar nicht. Die haben das im Radio gehört: "Ach, das war bei uns im Haus?" So, weil Heime sagen, Leitungen sagen oft: "Das kann nicht nach außen dringen. A, wollen wir hier im Haus nicht verunsichern. Wir wollen das nicht nach außen kommunizieren. Nachher kommt hier niemand mehr.", was ja völliger Blödsinn ist. Je mehr das kommuniziert wird, desto sicherer fühlt man sich ja, weil man weiß dann, okay, da wird damit umgegangen und niemand in der Einrichtung hatte da eine Fähigkeit oder eine Möglichkeit, miteinander damit umzugehen. Und wie geht das jetzt? Was machen wir denn da jetzt mit? Also das ist schon auch ein sehr heftiges Thema.
[00:28:00.140] - Nadia Kailouli
Ja. Und ich denke direkt an so Schutzkonzepte, ja. Also wenn man über sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen spricht, dann spricht man auch immer wieder davon, dass es eigentlich in jeder Einrichtung, wo Kinder und Jugendliche hingehen, es Schutzkonzepte braucht. Würdest du sagen, auch die Pflege braucht Schutzkonzepte?
[00:28:18.220] - Martina Böhmer
Ja, selbstverständlich. Also ich denke, ich habe es gerade erklärt, aber das scheitert daran, ja, was ich gerade sagte, dass da sehr viel Ohnmacht ist, dass da sehr viel Frauen auch arbeiten oder auch Leitungen, die damit nicht umgehen können mit dem Thema. Und wenn ich als Leitung einer Einrichtung mit diesem Thema selber nicht umgehen kann oder da selber nichts zu weiß oder Hemmungen habe oder selber so ein Bild habe, dass ich denke: "Was reden die Alten denn? Das ist doch Quatsch." Wie kann ich das denn dann meine Mitarbeitenden vermitteln oder ein Schutzkonzept installieren, wenn ich das selber nicht vertreten kann dieses Thema?
[00:28:50.090] - Nadia Kailouli
Es ist so verrückt. Ich denke mir gerade: Leute, ob jung oder alt, man muss den Menschen glauben! Wenn ein Mensch, man sagt ja auch bei Kindern, weil viele sagen: "Ach, mein Kind mit vier oder fünf, das erfindet manchmal so Geschichten", und so, und dann sagt ja jeder: Dem Kind erst mal glauben, wenn das Kind erzählt, das und das ist passiert, dann erst mal glauben und gucken und hingucken und nachprüfen und das gilt ja für alte Frauen genauso!
[00:29:14.080] - Martina Böhmer
Ja, und ich denke, das muss doch allen klar sein: Je älter eine Frau ist, desto größer ist die in Anführungszeichen Chance für eine Frau, in ihrem Leben sexualisierte Gewalt erlebt zu haben, also von der von der Geburt bis zur Bahre sozusagen. Das muss doch jedem Menschen eigentlich auch klar sein, dass das eigentlich völlig logisch ist. So, und wenn wir dann noch an alte Frauen denken, die den Krieg oder die Nachkriegszeit erlebt haben. Ja, es gab mal vom Bund der Vertriebenen eine Befragung ihrer Mizfrauen oder Mitglieder, wo Frauen gefragt worden sind, speziell zum Thema Vergewaltigungen. Und da gab es zum Beispiel eine Frau, die gesagt hat: "Ich selber habe das nicht erlebt, aber meine Schwester." Dann ist die Schwester gefragt worden, die Schwester hat gesagt: "Ich selber habe keine Vergewaltigung erlebt, aber meine Schwester." Also sehr viel Scham. Und auch da weiß man, also als ich angefangen habe, zu diesem Thema sexualisierte Gewalt zu veröffentlichen oder darüber zu sprechen: "Ach ja, im Krieg, aber das gibt es ja bald nicht mehr." Also Zweiter Weltkrieg. Das es natürlich auch noch andere Kriege auf dieser Welt immer wieder gab und gibt, das ist immer noch auch Thema, insofern hört das natürlich nicht auf. Und es trägt sich weiter, sind die Nachkriegsgeneration, sind dann die Enkelgeneration. Es gibt transgenerationale Traumatisierungen. Also nur wenn wir an diese Kriegserlebnisse denken, muss es schon auch klar sein, dass da viele natürlich von betroffen waren und sind und die es natürlich noch gibt. Ja, es waren Kinder, die vergewaltigt worden sind. Wenn ich noch ein Beispiel erzählen darf, ich habe in der Pflege eine Frau kennengelernt. Das war im Krankenhaus. Die war geistig und mental völlig in Ordnung. Also das muss man ja immer dabei sagen und war körperlich eingeschränkt nach einem Unfall. Und diese Frau sah eines Tages Tiere über ihr Bett laufen, Tiere über die Wand laufen, hatte Angstzustände, Halluzinationen und sie bekam dann, das haben wir dann der Stationsärztin mitgeteilt, sie bekam dann Psychopharmaka, weil angebliche Halluzinationen, also nicht angeblich, sie hatte Halluzinationen, weil da waren keine Tiere, bekam dieses Psychopharmaka. Und auch ich habe ihr das gegeben. Und sie sagte: "Ich verstehe gar nicht, was mit mir los ist."Und dann habe ich nachgefragt und das ist immer das Ding, was du gerade gesagt hast: Glauben. Und auch wenn bestimmte Sachen aktuell nicht sind, deswegen gibt es ja trotzdem einen Grund, warum diese Frau da mit diesem Thema gerade beschäftigt ist oder das in ihrem Erleben hat. Und es stellte sich heraus und ich weiß bis heute nicht, wie es passiert ist, dass sie das so sagen konnte, aber ich denke, der Raum war da, die Zeit war da, ich habe nachgefragt. Sie erzählte, dass sie nach 45 von amerikanischen Soldaten vergewaltigt worden ist, und da war mir die Sache klar war, sie war auf einem Zweibettzimmer und die Zimmernachbarin von ihr bekam jeden Tag Besuch von ihrem Ehemann, der war Amerikaner und die haben immer Englisch miteinander gesprochen. Ja, da sind wir bei dem Thema Traumaaktivierung, dass solche Sachen passieren, wie es auch jetzt passiert bei dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, dass alte Geschichten aufkommen. Und diese Frauen sind dann in ihrem Erleben und die fühlen es so, als wäre es jetzt. Und bei dieser Frau war es so, dass wir sie verlegt haben auf ein anderes Zimmer.: Die hatte keinen Kontakt mehr mit dem Amerikaner. Mit der englischen Sprache, konnte ihre unbewusst wie auch immer Geschichten wieder wegpacken, verdrängen, hatte keine Halluzinationen mehr und war genauso mental und geistig fit wie vorher auch. Und dieses Beispiel, das war für mich das absolute Ahaerlebnis. Das zeigt Jede Frau oder überhaupt jeder Mensch nach Traumata reagiert mehr oder weniger heftig mit unterschiedlichsten Verhaltensweisen und Symptomen. Viele haben dann zu mir gesagt: "Aber Frau Böhmer, die hatte Halluzinationen, das kann doch damit nichts zu tun. Das ist doch eine Erkrankung." Aber es war sehr deutlich, weil als sie getrennt worden ist von dieser Situation, hatte sie diese Halluzinationen nicht mehr. Und deswegen ist es so wichtig, nachzufragen, da zu sein, ernst zu nehmen und es ist natürlich auch wichtig, Geschichte zu verstehen. Ja zu verstehen, also wenn ich weiß, wo die Frau geboren ist, vielleicht war da Krieg, wo sie gelebt hat, was war da? Gab es da russische Soldaten, gab es da amerikanische Soldaten? Gab es da französische Soldaten zum Beispiel?Ja, und wenn wir ein bisschen mehr Geschichte wissen, oder später, jetzt hatten wir diese ganzen Überschwemmungen bei uns in NRW und anderswo. Die, die dann ins Altenheim oder in die Versorgung kommen, das müssen wir doch verstehen, dass wir die nicht unbedingt in eine Badewanne setzen können oder dass die bestimmte Verhaltensweisen vielleicht zeigen, wenn es regnet oder stürmt oder schüttet. Ja, also das sind so Sachen,
[00:33:52.320] - Nadia Kailouli
Das man so die Trigger wahr- oder ernst nimmt.
[00:33:54.810] - Martina Böhmer
Ganz genau.
[00:33:55.710] - Nadia Kailouli
Das Gehirn eben nichts. Man sagt ja so, der Geist vergisst eigentlich nichts und was bis jetzt war.
[00:34:00.420] - Martina Böhmer
Und der Körper auch nicht, der Körper auch nicht. Und gerade das Thema sexualisierte Gewalt, wenn wir an alte, an hochaltrige Frauen denken, die möglicherweise pflegebedürftig werden oder sind, da passiert ja wieder was am Körper und sexualisierte Gewalt ist am Körper passiert. Und allein das kann ja schon Trigger sein, da muss ja gar nicht was ganz Schlimmes passieren.
[00:34:21.390] - Nadia Kailouli
Was würdest du dir wünschen für jetzt zum Beispiel die Pflege, wie man da am besten sensibilisiert, wenn wir jetzt an Frauen denken, die dann bedürftig sind und darauf angewiesen sind, dass andere helfen beim Waschen, beim Anziehen etc., dann aber genau dadurch, wie du eben gesagt hast, eben auch getriggert werden können, falls sie eben sexualisierte Gewalt erlebt haben, was würdest du dir wünschen? Wohin müsste sich eben die Pflege im Speziellen jetzt hin entwickeln, damit Frauen dort besser aufgehoben sind und ernst genommen werden in ihrer Erfahrung, auch wenn es in der Vergangenheit liegt?
[00:34:54.570] - Martina Böhmer
Also ich kann überhaupt gar nicht verstehen, warum es nicht allgemeingültig ist, dass in den Pflegeausbildungen das Thema Trauma behandelt wird. Was ich mir wünschen würde, ja, ich habe das vor 23 Jahren schon in meinem Buch geschrieben, wie Pflege aussehen könnte, was gar nicht so schwierig ist. Man müsste weg oder beziehungsweise in der Pflegeversicherung steht ja, wir pflegen individuell und bedürfnisorientiert. Nur dieses Bedürfnis müssen wir ja erst mal wahrnehmen oder verstehen. Und bedürfnisorientiert ist nicht, da ist eine 80, die hat mal dann und dann gelebt und die hat dann wahrscheinlich die und die Bedürfnisse, nämlich dreimal die Woche baden oder ich weiß nicht, sondern bedürfnisorientiert heißt ja auch entsprechend ihrer Geschichte und in ihrer Geschichte ist oft sexualisierte Gewalt geschehen. Und das geht es erst mal darum, zu verstehen und zu wissen, dass das so sein kann. Und dann geht es auch nicht darum zu gucken, welche Frau hat das denn, sondern das wir grundsätzlich traumasensibel versorgen pflegen. Und das bedeutet, dass die Frauen Kontrolle haben, Kontrolle über das, was mit ihnen geschieht und dass ihr Abwehrverhalten möglicherweise ernst genommen wird. Dass Pflege, also ein ganz einfaches Beispiel: Man muss eine Frau nicht von Kopf bis Fuß nackt ausziehen, um sie nackt im Bett zu waschen oder sonst wo, sondern man kann das peu a peu machen, unterm Nachthemd waschen, habe ich vor 23 Jahren schon alles geschrieben. Oder der Frau den Waschlappen über die Hand geben und die Hand führen, dass sie sich selber wäscht. Also da gibt es viele Möglichkeiten und die sind gar nicht so zeitintensiv. Im Gegenteil, das nimmt Stress aus der ganzen Situation. Wenn Sie sich vorstellen oder ihr euch vorstellt, da muss ich eine Frau versorgen und die waschen und die wehrt sich. Das kostet Zeit, das kostet Kraft, das kostet Nerven, Da will man nicht hin. Dann geht man da möglicherweise zu zweit hin. Einfacher ist es, sich da mal hinzusetzen und zu sagen: "Wogegen wehren Sie sich? Warum wehren Sie sich? Was ist furchtbar für Sie? Wie möchten Sie es haben?" Und wenn die Frau das selber nicht sagen kann, dann muss man es ausprobieren. Aber das ist letztendlich eine viel entspannender Pflege, als immer wieder mit Widerständen arbeiten zu müssen. Ist doch eigentlich logisch.
[00:37:01.300] - Nadia Kailouli
Es macht alles so viel Sinn, was du sagst.
[00:37:03.320] - Martina Böhmer
Dankeschön!
[00:37:03.460] - Nadia Kailouli
Ne, wirklich! Also gerade mit diesem: Stülp der Frau den Waschlappen um und hilf ihr.
[00:37:10.270] - Martina Böhmer
Und nicht im Liegen oder nicht oben drüber stehen und die Frau sitzt da unten auf dem Klostuhl. Also was sind das für... Wenn man sich das mal von außen betrachtet.
[00:37:17.300] - Nadia Kailouli
Ich finde, so wie du es beschreibst, gibt man dem Menschen, der Frau in dem Fall dann auch ihre Würde.
[00:37:23.800] - Martina Böhmer
Ja, Würde, das finde ich immer so einen schwierigen Begriff. Weil also jede Pflegende sagt, wir sind hier würdevoll und wir haben das im Blick. Es geht um Traumasensibilität, das ist noch mal eine Stufe drunter. Ja, das ist noch mal da geht es wirklich drum. Ein Trauma ist ja erlebt oder wir sprechen hier über sexualisierte Gewalt. Das ist eine traumatische Situation. Das ist ja eine Situation, die in Ohnmacht erlebt wurde, in Kontrolllosigkeit. Sonst wäre es ja nicht geschehen. Und das ist das Thema, dass wir immer wieder gucken müssen, Was bedeutet Traumasensible Versorgung? Möglichst keine Ohnmachtssituation entstehen zu lassen. Oder wenn, wenn es tatsächlich mitunter mal nicht anders geht, damit umgehen, dann der Frau sagen: "Es tut mir leid, was wir hier machen. Wie können wir es so machen, dass es für Sie einigermaßen geht?" Ja, und es ist jetzt vielleicht ein blödes Beispiel, aber ich frage in Fortbildungen immer wieder, wenn dann gesagt wird: "Ja, aber wenn die das nicht sagen können?", dann frage ich immer wieder: "Wer von ihnen hat einen Hund oder ein anderes Tier?" Und ich will natürlich jetzt nicht alte Frau mit einem Hund vergleichen. Ich hoffe, das ist jetzt deutlich. Aber kriegen Sie denn mit, wann Ihr Hund welches Bedürfnis hat? "Ja, klar", sagen dann die ganzen Hundebesitzerinnen. Ja, aber ein Hund spricht da auch nicht. Also es geht darum um Wahrnehmung, um sich Einlassen. Es geht um eine Haltung, Ja, es geht um Verstehen. Wenn ich einem Menschen begegne, begegne ich einem Menschen immer mit Geschichten. Und so wie ein Mensch reagiert, wenn wir doch wissen, jetzt ist ja in aller Munde die katholische Kirche und diese ganzen Kirchenmänner, ja, was die alles für schlimme Sachen gemacht haben, dann muss ich doch verstehen, dass es vielleicht nicht so günstig ist, über jedem Bett ein Kreuz hängen zu haben in der Altenpflege, mal so per se. Womöglich auch noch einen blutenden Jesus dran hängen. Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber das sind so in Anführungszeichen Kleinigkeiten, die wir mitbedenken sollten. Ja, ich war mal in einer alten Einrichtung, da hat ein alter Mann Bilder gemalt von seinen Kriegserlebnissen, hing da im Flur. Da habe ich gedacht, um Gottes willen. Aber das fanden alle toll, die da gearbeitet haben, weil dieser alte Mann diese Bilder gemalt hat und weil er produktiv war. Aber was bedeutet das für die, die das alles sehen müssen? Also ich könnte noch drei Tage darüber sprechen, wie es gehen könnte und wie es eigentlich auch ganz einfach wäre.
[00:39:39.070] - Nadia Kailouli
Ich finde es super, dass du heute mit uns wenigstens ein bisschen darüber gesprochen hast und uns wirklich sehr eindrücklich Beispiele gegeben hast, was sich verändern muss. Das ist alles schon ein Weg für sich ist, aber hier und da eigentlich gar nicht so schwierig wäre. Und ich finde es gut, dass wir heute darüber gesprochen haben, über sexualisierte Gewalt gegen alte Frauen. Vielen Dank.
[00:39:59.320] - Martina Böhmer
Gerne und auch vielen Dank an dich und wie gesagt, an diesen Platz, den alte Frauen hier bekommen haben. Vielen Dank.
[00:40:08.860] - Nadia Kailouli
Ich fand es super, wie Martina heute so an Beispielen erzählt hat, mit welchen Geschichten Frauen den Weg zu Paula finden. Und ich finde es auch gut, dass wir überhaupt mal über das Thema gesprochen haben, wann ist eine Frau alt? Und dass die für sich bei Paula e.V. definiert haben eine Anlaufstelle zu sein für Frauen ab 60. Und Martina hat ja sehr oft heute in dieser Folge über das Thema Trauma gesprochen, über Trigger gesprochen. Und an dieser Stelle möchte ich euch noch mal darauf hinweisen, dass wir hier bei einbiszwei natürlich auch schon mal eine Folge darüber gemacht haben, über Traumafolgen. Wie geht man mit Trigger um? Mit Melanie Büttner. Also hört euch auch gerne diese Folge noch mal an zum Thema Traumatisierung durch sexualisierte Gewalt.
An dieser Stelle möchte ich mich auch ganz herzlich bei euch bedanken, dass ihr uns so treu zuhört und dass ihr auch bei schwierigen Themen dranbleibt. Wenn ihr wollt, dann folgt uns doch gerne, abonniert unseren Kanal und wenn ihr uns persönlich einmal schreiben wollt, dann könnt ihr das natürlich sehr gerne tun. Eine Email könnt ihr einfach schreiben an: presse@ubskm.bund.de
Viele ältere Frauen haben häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt in der Kindheit oder Vergewaltigung im Krieg erlebt. Die meisten reden nicht darüber – es gibt oft niemanden, der ihnen zuhört oder glaubt. Mit Martina Böhmer sprechen wir über diese Frauen.
Mehr Infos zur Folge
Viele ältere und alte Frauen haben im Lauf ihres Lebens Gewalt erfahren. Aber traumatisierende Erlebnisse wie Vergewaltigungen in der Ehe, sexualisierte Gewalt in der Kindheit und frauenspezifische Kriegserlebnisse wurden in vielen Fällen nie thematisiert und aufgearbeitet.
Ältere Frauen werden durch die beginnende Pflegebedürftigkeit und im Pflegealltag dann oftmals wieder daran erinnert. Pfleger:innen und andere in der Altenarbeit tätige Personen stehen den durch Retraumatisierungen ausgelösten Verhaltensweisen wie Aggressionen oder Verweigerung von Pflege und Therapie, allerdings oft hilflos gegenüber. Das hat Martina Böhmer immer wieder während ihrer Arbeit als Altenpflegerin beobachtet.
Ältere Frauen werden oftmals nicht als Betroffene gesehen. Stattdessen wird ihr Verhalten vor allem als störend wahrgenommen. Und es gibt nur selten Möglichkeiten für sie, über ihre Erfahrungen mit Gewalt und sexuellem Missbrauch zu berichten. Um das zu ändern, hat Martina Böhmer die Beratungsstelle Paula e. V. gegründet für Frauen über 60. Wie Paula e. V. alten Frauen Mut macht, sich gegen Gewalt zu wehren und die eigene Geschichte aufzuarbeiten, erzählt sie bei einbiszwei.
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