PODCAST | Folge 57 | Katharina Kracht
Das Interview der Folge 57 als Transkript lesen
[00:00:00.150] - Katharina Kracht
Ich habe jahrelang gedacht, ich sei die Einzige. Und wenn es nach der evangelischen Kirche ginge, würde ich das wahrscheinlich immer noch denken.
[00:00:09.880] - Nadia Kailouli
Hi, herzlich willkommen bei einbiszwei. Ich bin Nadia Kailouli und in diesem Podcast geht es um sexuelle Gewalt und was man tun kann, damit sich was ändert. Hier ist einbiszwei. Schön, dass du uns zuhörst!
Gerade erst war mal wieder evangelischer Kirchentag und das Thema Missbrauch wurde in gerade mal vier von über 2000 Veranstaltungen behandelt. Also anscheinend war das nicht wirklich wichtig. Es sieht so aus, als ob immer noch viele Protestant: innen der Meinung sind, dass es Missbrauch vor allem drüben bei den Katholiken gibt. Kirchentagspräsident Thomas de Maizière beispielsweise sagte im Interview recht entspannt: „Auch bei uns mag es Machtstrukturen gegeben haben, die sexuellen Missbrauch begünstigen." Mag es gegeben haben? Ja, diese doch recht zurückhaltende Haltung regt Menschen, die in der evangelischen Kirche Missbrauch erlebt haben, natürlich auf – zum Beispiel Katharina Kracht. Die Lehrerin ist selbst betroffen und kämpft schon seit langem dafür, dass die evangelische Kirche sich bei der Aufarbeitung von Missbrauch deutlich mehr anstrengt. Was sie fordert, erzählt sie mir jetzt hier bei einbiszwei. Katharina Kracht, herzlich willkommen! Schön, dass du da bist!
[00:01:15.610] - Katharina Kracht
Dankeschön! Ich freue mich.
[00:01:16.200] - Nadia Kailouli
Ja, Katharina, wir haben hier in diesem Podcast schon sehr, sehr oft über das Thema sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche gesprochen. Da hatten wir wirklich schon viele Gäste hier. Aber wir selbst haben auch noch nicht ausführlich über das Thema sexuellen Missbrauch in der evangelischen Kirche gesprochen. Deswegen haben wir dich eingeladen. Du selber bist Betroffene. Du hast sexuellen Missbrauch in der evangelischen Kirche erlebt. Wir wollen jetzt gar nicht im Detail über das sprechen, was dir widerfahren ist. Aber wir wollen mit dir darüber sprechen, weil du dich sehr, sehr dafür einsetzt, dass es gerade auch in der evangelischen Kirche zur Aufklärung kommt. Müssen wir überhaupt unterscheiden zwischen evangelischer und katholischer Kirche, wenn wir über Missbrauch sprechen?
[00:01:55.010] - Katharina Kracht
Na ja, wir müssen natürlich unterscheiden, weil es verschiedene Verantwortliche gibt. Also natürlich ist die evangelische Kirche Deutschlands und ihre Landeskirche verantwortlich, den Missbrauch in evangelischen Kontexten aufzuarbeiten und nicht die Bischofskonferenz oder so. Ich finde es aber auch ganz wichtig, die Aufmerksamkeit dahin zu lenken, weil meiner Meinung nach das einfach immer noch so ist... Ich bin sehr, sehr froh, dass die Betroffenen im katholischen Kontext die mediale Aufmerksamkeit haben. Das ist richtig gut und dafür haben sie gekämpft und wir kämpfen halt auch seit vielen Jahren dafür.
Und ich habe jetzt gerade gehört, heute hat mir jemand berichtet, der war auf dem ökumenischen Kirchentag in Osnabrück, da gab es eine Diskussionsveranstaltung mit dem Landesbischof der hannoverschen Landeskirche, das ist die größte Landeskirche der EKD, und der hat gesagt: Ja, ja, wir fangen jetzt mit der Aufarbeitung ja erst an. Und da denke ich: Okay, wenn das 13 Jahre nach 2010 und auch fünf Jahre nach dem Hearing bei dem UBSKM damals ist, dass da der Landesbischof der größten Landeskirche sagt, wir fangen jetzt an, dann denke ich: Gut, hätte vor 13 Jahren passieren können, hätte vor fünf Jahren passieren können. Hoffentlich passiert es jetzt mal.
[00:03:02.680] - Nadia Kailouli
Du sprichst eben etwas an, was gerade sehr aktuell passiert ist, eben der Kirchentag in Niedersachsen. Es war ja jetzt aber auch der evangelische Kirchentag in Nürnberg.
[00:03:13.230] - Katharina Kracht
Genau.
[00:03:13.550] - Nadia Kailouli
Und da sind ja Tausende von Menschen hin. Und dann fragt man sich, weil du es ja gerade auch gesagt hast, irgendwie jetzt zu sagen, wir arbeiten auf, schön und gut, aber die Fälle sind seit über zehn Jahren eben bekannt. Und wenn man dann auf den evangelischen Kirchentag nach Nürnberg blickt, der ja gerade zu Ende gegangen ist, wurde das so am Rande so ein bisschen erwähnt. Aber wirklich zum Thema wurde das da nicht gemacht. Wie hast du das empfunden?
[00:03:35.640] - Katharina Kracht
Also ich habe ja genau so, ich habe gezählt, es waren ja 2000 Veranstaltungen und so zwei bis vier Veranstaltungen hatten dieses Thema Missbrauch explizit thematisiert. Ich finde das sehr, sehr typisch für die evangelische Kirche. Also das ist...Mir bestätigt das den Eindruck, den ich sowieso schon habe oder auch die Erfahrungen, die ich über die vielen Jahre mit der evangelischen Kirche gewonnen habe.
Eine Freundin von mir ist im WDR interviewt worden und sagte als Betroffene, sie würde nicht zum Kirchentag gehen, obwohl sie der Kirche sehr verbunden ist, aber das sei eben alles so auf Harmonie und auf Feiern. Und das Thema Missbrauch passt da nicht. Und das ist, glaube ich, so eine Sache. Die evangelische Kirche ist sehr, sehr betont sich selber... Oder hat so eine Haltung: Das ist die fortschrittliche Kirche. Frauenordination, also Frauen können schon, ich weiß nicht seit wie lange genau, aber in meiner Jugend gab es schon eine Pastorin. Das ist also klar. Es gibt auch Teile der Kirche, man muss natürlich immer sagen Teile der Kirche, die sich als queer-freundlich darstellen und so oder das auch sind. Das will ich denen nicht unterstellen, dass das nur eine Darstellung ist. Und das heißt, die haben so dieses Selbstbild, dass das, was sie machen, doch schon ganz toll ist. Und dann kommen halt diese Betroffenen mit dem Missbrauch.
[00:04:47.240] - Nadia Kailouli
Und das passt da nicht rein, oder wie? Weil du sagtest es gerade, also ich habe auch immer so für mich das innere Gefühl: Ach, die evangelische Kirche ist die coole Kirche, die katholische Kirche ist die konservative Kirche. Jetzt, wenn wir aber zum Thema Missbrauch da hingucken, dann versucht die katholische Kirche, so gut es geht – kann man darum streiten, aber aufzuarbeiten.
Bei der evangelischen Kirche, du hast es gerade gesagt, von 2000 Veranstaltungen gab es gerade mal vier, wo das Thema Missbrauch zum Thema wurde. So cool ist ja dann die evangelische Kirche anscheinend doch nicht, wenn die daraus so ein Tabu macht. Oder warum haben die so eine Angst davor? Oder wie erklärst du dir das?
[00:05:19.400] - Katharina Kracht
Also ich glaube, sie konnten einfach ganz, ganz lange so im Rückenwind der katholischen Kirche segeln. Und mir ist es auch schon öfter passiert, dass ich auch sehr prominente evangelische Vertreter:innen, mit denen im Kontakt war und die mir gesagt haben: Ja, aber in der katholischen Kirche ist es ja viel schlimmer. Und das ist, also von den Zahlen her wissen wir das ja gar nicht, wie viele Betroffene es in beiden Kirchen gibt. Es gibt so erste Dunkelfeldstudien, die weisen darauf hin, dass es die gleiche Zahl an Betroffenen in beiden Kirchen geben würde, werden kann. Das ist ja auch zum Beispiel sehr klar, weil es ja auch viele Betroffene gibt in den Heimkontexten, ich sage mal so, bis in die 70er Jahre hinein. Und da hat die Diakonie natürlich genauso, die war ja jetzt nicht irgendwie umgänglicher oder kindorientierter als die Caritas. Jedenfalls gibt es keine Hinweise dafür. Also diese Betroffenen gibt es.
Und dann gibt es eben Betroffene im Gemeindekontext, wo die Täter – ich habe noch nicht von Täterinnen, Täter:innen gehört, aber das heißt natürlich nicht, dass es sie nicht geben kann – ich höre vor allen Dingen von männlichen Pastoren und Diakonen, die ihr Amt ausgenutzt haben.
[00:06:25.830] - Nadia Kailouli
Vielleicht können wir auf den Punkt noch mal ein bisschen näher eingehen. Du sagst eben gerade, du sprichst die Diakonie an, du sprichst die Gemeinden an. Vielleicht können wir daran vielleicht kurz festmachen, wo der Unterschied liegt zwischen eben der katholischen Kirche, wo Missbrauch stattgefunden hat und der evangelischen Kirche, wo da, in welchem Rahmen da Missbrauch stattgefunden hat oder auch stattfindet, wenn man das so sagen möchte?
[00:06:47.210] - Katharina Kracht
Ich glaube, ganz so viele Zahlen haben wir dazu noch nicht. Was denke ich, was klar ist, dass zum Beispiel bei der katholischen Kirche so was wie die Beichte ausgenutzt wurde, dass die Kinder da unter Druck gesetzt wurden. Aber genauso haben in evangelischen Kontexten die Täter eben die evangelischen Kontexte ausgenutzt. Und was ich kenne in vielen Fällen, ist, dass es oft in der Jugendarbeit stattgefunden hat, also eventuell im Konfirmandenunterricht angebahnt wurde, vorbereitet wurde und dann in der Jugendarbeit, die danach in den Kirchengemeinden stattfindet, dass es da die Übergriffe...so war das in meinem Fall.
Also der Pastor, der mich missbraucht hat, die ersten Übergriffe haben so angefangen, da würde ich sagen, da war ich 14, 15. Der hat so immer ganz, ganz lange die Grenzen verschoben. Der hat es total ausgenutzt, dass auf dem Dorf, wo ich groß geworden bin, dass es eigentlich für jemanden wie mich keine anderen Angebote gab für Jugendliche. Und der hat das über viele Jahre gemacht.
Und ich habe dann ja, und das ist eben auch ganz wichtig jetzt für die Aufarbeitung, ich habe das 2015 der evangelischen Kirche gemeldet und zwar ungefähr eine halbe Stunde, nachdem ich endlich gefunden habe, wer die Ansprechpartnerin ist. Ich habe vorher jahrelang gesucht. Das heißt, so zwischen 2010 und 2015 habe ich gar keine Ansprechpartnerin gefunden.
[00:08:02.520] - Nadia Kailouli
Warum ist es so schwierig gewesen für dich, da einen Ansprechpartner zu finden, wo du dich hinwenden konntest?
[00:08:07.710] - Katharina Kracht
Genau, die waren eben damals überhaupt nicht im Netz. Also ich habe das immer gegoogelt und habe nichts gefunden. Ich möchte dazu noch was sagen: Ich glaube, das ist halt, das ist so eine Vermutung, dass diese Täter im evangelischen Kontext bei den jugendlichen Mädchen und – also es gibt natürlich auch Jungs, die missbraucht wurden und es gibt auch Kinder, die missbraucht wurden und es gibt die ganzen Heimkinder, denen jede Menge Unrecht geschehen ist.
In diesem Jugendgruppen-Kontext weiß ich eben von vielen weiblichen Betroffenen, wo der Täter das im Grunde genommen so als Liebesbeziehung geframed hat. Also dass, mein Täter hat mir die ganze Zeit erzählt, wie wahnsinnig verliebt er in mich ist und dass ich die Liebe seines Lebens bin. Und ich habe dann sehr lange gebraucht, mich aus dieser Gewaltbeziehung zu trennen. Das fing eben so richtig an, als ich 17 bin, mit halt vorbereitenden Handlungen vorher. Und ich habe das dann erst mit 22 geschafft, mich wirklich von dem zu lösen, weil ich so an den gebunden war. Und da war ich natürlich schon volljährig, aber das war halt trotzdem... Diese Machtbeziehung hat er wahnsinnig ausgenutzt und ja.
[00:09:10.680] - Nadia Kailouli
Ich finde das so interessant, dass du das sagst. Ich erinnere mich jetzt gerade nämlich daran, dass Thomas Schüller hier auch Gast war bei einbiszwei und er nämlich sagte...weil diesen Missbrauch eben mit einer Liebesbeziehung zu framen, wie du eben so schön gesagt hast, wo er sagte, es gibt keine Liebesbeziehung zwischen einem Erwachsenen und einem Kind. Dass das überhaupt als Rechtfertigung angenommen werden kann seitens der Kirche, ist schon absurd. Und jetzt erzählst du eben genau das, dass das die Manipulation war, an ein junges Mädchen eben zu kommen.
[00:09:38.680] - Katharina Kracht
Ja, absolut. Und das war natürlich, diese Manipulation ging ja in alle Richtungen und nicht nur an mich, sondern natürlich auch an die weitere Kirchengemeinde. Übrigens, ich bin ja auch im Bistum Osnabrück im Aufarbeitungsprojekt als so beratende Betroffene dabei. Auch da wurden solche Beziehungen von katholischen Priestern minderjährigen Mädchen gegenüber als Liebesbeziehung... Das steht da auch noch in den Akten oder stand da in den Akten. Und ich habe auch irgendwann, ich glaube, ich bin mir ziemlich sicher, dass auch mir irgendwie die evangelische Kirche noch mal gesagt hat, diese Liebesbeziehung oder so was.
Und das ist natürlich total schwierig, weil man ja denkt, also ich war eigentlich in jemand ganz anderen verliebt. Ich war in einen zwei Jahre älteren Jungen verliebt aus meiner Schule. Und dann hat der Pastor aber das alles irgendwie so umgedreht. Und dann habe ich auch gedacht, wahrscheinlich bin ich jetzt in den verliebt oder so. Und man ist einfach so wahnsinnig jung und der nutzt es total aus. Und das war halt auch mein ganzes Leben. Also ich habe da wahnsinnig viel Engagement in der Gemeinde gemacht und ich hätte das auch alles verloren.
Also in der Aufarbeitung bin ich dann auch noch, also das ist ja in den Gemeinden bekannt gemacht worden, nachdem ich da sehr lange drauf gedrungen habe. Das hat also fünf Jahre gedauert...
[00:10:50.790] - Nadia Kailouli
Darf ich da kurz einhaken? Warum war dir das dann so wichtig? Du hast ja dann selber gemerkt, wow, das ist gar nicht so einfach, hier die richtige Ansprechperson zu finden, um zu sagen: Leute, mir ist da was passiert. Und so wie ich jetzt mitbekommen habe, ist das nicht nur mir passiert. Hier gibt es auch noch andere. Wir müssen aufarbeiten. Und warum hast du dann gemerkt so...du hättest es ja sein lassen können. Du hättest ja sagen können, ich prangere das jetzt an, ich erzähle meine Geschichte und da muss die evangelische Kirche selber gucken, wie sie das aufarbeitet. Aber bei dir ging es ja einen Schritt weiter. Du hast dich ja dafür eingesetzt bis heute, dass aufgearbeitet wird. Und wir sehen ja, so richtig zieht da die evangelische Kirche ja gar nicht mit.
[00:11:23.840] - Katharina Kracht
Also ich finde, es geht ja auch darum, wie kann ich... Also ich habe ja einen großen Schaden. Also ich hatte lange eine sehr schwere posttraumatische Belastungsstörung und ich bin eingeschränkt arbeitsfähig. Und ja, ich habe einen großen persönlichen Schaden davon. Und es hat mir aber tatsächlich sehr stark geholfen, als ich gemerkt habe, ich bin nicht die Einzige. Ich habe jahrelang gedacht, ich sei die Einzige. Und wenn es nach der evangelischen Kirche ginge, würde ich das wahrscheinlich immer noch denken, weil die mir wirklich...
Es gab welche, also ich muss sagen, es gibt Pastor:innen, die mich unterstützt haben, der Superintendent in dem Kirchenkreis, die haben das wirklich unterstützt. Das ist also... Es gab auch wirklich Kooperation und gute Unterstützung. Aber es gab eben auch sehr viel Opposition. Das geht auch ganz, ganz vielen Betroffenen so. Ich bin ja mit vielen Betroffenen der evangelischen Kirche auch verbunden und höre deren Geschichten. Und das sind so ganz banale Sachen, wie das auf E-Mails nicht geantwortet wird. Also in der Regel, wenn man sich an die evangelische Kirche wendet, sind die erst ganz freundlich und sagen: Oh toll, dass sie sich melden und so richtig wichtig und oh.... und dann bieten die einem Seelsorge an und das ist ja was, was mich nicht interessiert.
Also das kann sein, dass manche Betroffene das interessiert mit der Seelsorge. Aber ich will nichts von der evangelischen Kirche in diesem Bereich. Ich will, dass die aufarbeiten und Seelsorge, da kann ich mich selber drum kümmern.
Und dann wird es halt sehr schwierig, wenn man Forderungen stellt. Und es sind so lächerliche Sachen. Also eigentlich ist es so lächerlich wie: Ich möchte meinen Fall der Versicherungsgenossenschaft, wollte ich melden. Und dafür brauchte die evangelische Landeskirche, die brauchte es, dass ich sie von der Schweigepflicht befreie. Damit ich da ein vernünftiges Formular bekommen habe, das hat vier Monate gedauert. Also da musste ich mehrfach nachhaken und am Ende habe ich eine Frist gesetzt, bis ich endlich das Formular bekommen habe. Und das ist jetzt 2022 gewesen. Ich brauchte dann im März nochmal ein Formular. Also ich musste die noch mal von der Schweigepflicht befreien und da war es wieder das Gleiche.
Und das sind so Sachen, so kleine bürokratische Hindernisse, dass einfach nicht geantwortet wird. Oder man schreibt eine E Mail und es wird nur auf einen Teil geantwortet. Und das höre ich immer wieder von Betroffenen.
[00:13:34.900] - Nadia Kailouli
Was glaubst du, woran liegt das? Weil sich die evangelische Kirche selber noch nicht im Klaren darüber ist: Oh ha, wir haben hier echt den Sprung verpasst, dass wir uns damit auseinandersetzen, wie wir auch hausintern unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darangehend, ich sage jetzt mal schulen, wie sie damit umgehen, wenn hier Mails reinkommen von Betroffenen? Oder ist es ist es einfach die Schotten dicht machen? Wie würdest du das einstufen?
[00:13:57.120] - Katharina Kracht
Also das ist was, was ich mich seit acht Jahren frage, seitdem ich mit der evangelischen Kirche in Kontakt stehe: Ist das Unfähigkeit oder ist das Unwillen? Und ich kann die Frage nicht beantworten. Also ich stehe immer wieder davor und denke: Das gibt es doch nicht, das kann doch nicht sein, dass ich jetzt schon wieder kein Formular für die Schweigepflichtsentbindung bekomme.
Und naja gut, wenn man sich halt anguckt, die haben ja jetzt überall Fachstellen aufgebaut, aber das sind dann auch in der Regel Pastoren, die da in den Fachstellen sitzen. Und welche? Ja, also ich weiß nicht, was ein Theologiestudium, also wie man dazu befähigt ist, mit Menschen zu arbeiten, die sexualisierte Gewalt erfahren haben. Das sehe ich nicht direkt, den Kontext. Und die verstehen sich ja dann immer als Seelsorgerinnen. Da sind sie sehr stolz drauf. Aber die spezifische Auseinandersetzung mit der Dynamik sexualisierter Gewalt, die findet nicht statt. Oder sie findet sehr stigmatisierend statt, sodass man immer nur als: „Oh, da kommt ja wieder dieser arme, traumatisierte Betroffene. Die ist ja so traumatisiert, mit der müssen wir ja ganz vorsichtig sein." Wo ich so denke, also...
[00:14:56.870] - Nadia Kailouli
Steht euch wahrscheinlich auch gar nicht zu, zu entscheiden, wie ihr mit mir seid, sondern es steht mir zu, mit euch darüber zu reden, inwieweit ich als Betroffene das öffentlich machen will, an die Kirche tragen will und diese Schweigepflichtsbefreiung auch haben möchte. Wenn wir jetzt aber zurück auf den Kirchentag gucken, auf den, der in Nürnberg stattgefunden hat, aber jetzt eben auch in Niedersachsen. Und wie du eben ja auch gesagt hast, wo in Osnabrück drüber gesprochen worden ist. Da hat man das Gefühl, irgendwie sind die sich nicht ganz einig.
In Nürnberg, wo 2000 Veranstaltungen stattgefunden haben, wird so kaum drüber geredet und am Rande erwähnt. In Niedersachsen hingegen sagen sie, 2025 wollen wir hier aufarbeiten, wir wollen uns dieser Thematik stellen. Sind das nur einzelne laute Stimmen und die große Institution evangelische Kirche will aber davon nichts wissen, oder wie würdest du das sehen?
[00:15:46.020] - Katharina Kracht
Also ich weiß nicht, ob wir das gleiche meinen, aber in Niedersachsen, das war ja ein ökumenischer Kirchentag und da waren sehr viele, das ist ja vom Betroffenenrat Nord mit organisiert worden, von den katholischen Betroffenen und die sind vielleicht schon einfach weiter. Und wie gesagt, Herr Meister hat sich da hingesetzt und gesagt, die Aufarbeitung fängt jetzt an. Also das, was mir berichtet wurde von jemandem, der dabei war, ich war selber nicht dabei. Darum Entschuldigung an Herrn Meister, wenn er das doch nicht so gesagt hat.
Aber ich glaube schon, dass es das ausdrückt, wie grundsätzlich die Haltung ist. Weil Frau Fehrs, also die Bischöfin Fehrs, die jetzt die Vertretende, Stellvertretende oder was weiß ich, Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland ist, hat ja auch auf der Synode 2018 diese tränenreiche Rede gehalten, wo auch alles neu passieren sollte.
Und ich kriege halt immer wieder von Betroffenen mit, dass sie die gleichen Probleme in den Landeskirchen haben, wie ich. Und also, das ist jetzt, wir sind jetzt fünf Jahre nach dieser Rede von Frau Fehrs. Die Betroffenenbeteiligung ist höchst problematisch. Betroffene, die der Kirche nicht nahestehen, sind eigentlich in dem System, was die evangelische Kirche sich ausgedacht hat...Dieses Beteiligungsforum, da sind sehr engagierte Menschen dabei, die das auch sicherlich sehr gut machen wollen. Und ich hoffe auch, dass sie das gut machen können. Die sind aber zu einem sehr großen Teil sehr kirchennah. Und wir können ja davon ausgehen, dass es recht viele Betroffene gibt, die einfach mit der Kirche nichts mehr zu tun haben wollen. Und was ist mit deren Bedürfnissen? Wie werden die vertreten?
[00:17:12.660] - Nadia Kailouli
Du gehörst ja dazu. Du sagst ja heute, ich glaube nicht mehr an die Kirche.
[00:17:18.130] - Katharina Kracht
Ja, genau. Also ich bin einfach auch gar nicht mehr religiös. Ich glaube das auch nicht, was die... Aber das ist ja einfach was Unterschiedliches. Manche Menschen sind halt gläubig und ich bin nicht gläubig. Ich finde, als Organisation muss die Kirche in die Verantwortung gehen, weil das kann ja nicht sein, dass ihre Angebote so sind, wenn sie zum Beispiel einen Gottesdienst anbieten, dann kann das sehr, sehr wichtig sein für Betroffene, die gläubig sind. Und das entspricht sicherlich deren Bedürfnissen, sonst würden die da ja nicht hingehen oder das nicht mitgestalten.
Aber was ist mit den Betroffenen, die ganz andere Bedürfnisse haben? Also das ist natürlich dann sehr klar, sehr einfach, sich sozusagen... diejenigen zu stützen, die sowieso das eher wollen, was man selber will und was ins eigene Programm passt. Aber die Verantwortung heißt ja auch, ich muss mich auch den Betroffenen stellen, die nichts mehr mit der Kirche zu tun haben wollen.
[00:18:09.090] - Nadia Kailouli
Du hattest immer mal wieder erwähnt, Betroffene laufen gegen Gummiwände. Ja, was genau können wir darunter verstehen?
[00:18:15.370] - Katharina Kracht
Ja, das ist so ein bisschen dieses Freundliche der evangelischen Kirche. Also was ich gemerkt habe, als ich da in diesem Betroffenenbeirat war – wo ich dann ja später nicht mehr mitgemacht habe, weil ich Partizipation anders definiere, als das da entwickelt wurde – da wird dann immer gesagt: Ja, ich höre sie. Und wo ich so denke: Ja klar denke ich, dass du mich hörst. Also ich denke, wenn du nicht hören könntest, dann hätten wir eine andere Lösung gefunden, zu kommunizieren. Also ich gehe davon aus, dass wir einander hören. Das ist ja so das Unverfänglichste überhaupt, was man sagen kann und womit man Empathie vorgaukeln kann und Verantwortung vorgaukeln kann oder signalisieren kann. Ich will gar nicht vorgaukeln sagen. Aber wenn das nicht weitergeht, also was habe ich davon, dass die akustischen Signale in mein Gehirn eindringen, irgendwie? Das muss ich ja in Handlung umsetzen.
[00:18:59.230] - Nadia Kailouli
Was wäre denn ein Handlungsstrang, den man deiner Meinung nach vonseiten der evangelischen Kirche sehr einfach umsetzen könnte, eben Betroffenen einen leichteren Zugang zur Aufarbeitung zu geben?
[00:19:10.960] - Katharina Kracht
Ja, ich glaube, so ganz einfach geht das wahrscheinlich nicht. Weil Aufarbeitung ja was sehr Komplexes ist und weil das ja auch immer nur was Gegenseitiges sein kann. Also man kann ja auch nicht sagen, das und das ist Aufarbeitung und dann und dann ist der Prozess abgeschlossen. Das kann man ja höchstens immer dialogisch irgendwie abklären, wie das ist.
Ich denke aber, was ganz wichtig wäre, wäre, dass die evangelische Kirche und ich denke, das ist auch für alle Tatkontexte wichtig, dass wir Aufarbeitung... Es geht ja, die katholische Kirche, evangelische Kirche, es geht um Schulen, es geht um Sportvereine. Es geht auch um die ganz vielen, die allermeisten Betroffenen in der Familie, dass wirklich irgendwie ein Expertise- oder Kompetenzzentrum für Aufarbeitung entwickelt wird, wo die evangelische Kirche ordentlich Geld rein zahlt.
Ja und dann muss die evangelische Kirche meiner Meinung nach auch mal gucken, wie viel Geld hat sie denn eigentlich ausgezahlt? Ich meine, die kriegen immer noch Millionen an Staatsleistungen jedes Jahr. Die verdienen am sozialen Markt genauso mit wie die anderen Träger. Also die werden ja immer als so, stellen sich ja immer so dar, als ob ihre Kitas irgendwie eine Geschenk wären. Die sind natürlich genauso steuerfinanziert wie die Kitas von der AWO oder vom Roten Kreuz.
Ja, und ich denke, es geht auch um die finanzielle Verantwortung und die inhaltliche Verantwortung, die gestalterische Verantwortung, die müssen sie abgeben und zwar an echte Fachkräfte. Und das sind dann wirklich Fachkräfte und, die ja auch unabhängig sind. Und ich denke, die müssten das finanzieren, dass es Ombudstellen gibt für Betroffene sexualisierter Gewalt, an die sich Betroffene wenden können. Und natürlich geht es auch darum, dass man guckt...Die evangelische Kirche hat ja Anerkennungsleistungen, zahlen die. Also wie die katholische Kirche vermeiden sie den Begriff Schadensersatz oder so.
Und wir haben jetzt mitbekommen, dass der Georg Menne jetzt 300.000 Euro zugesprochen bekommen hat vor dem staatlichen Gericht. Und ich finde, da muss die evangelische Kirche jetzt auch gucken: Wie viel haben wir eigentlich gezahlt? Ist das eigentlich richtig, was wir da Menschen gezahlt haben? 12.000 Euro für die und die Sachen oder 5.000 für die und die Sachen? Das wäre jetzt auch an der Zeit.
[00:21:15.850] - Nadia Kailouli
Du hast es jetzt gerade, finde ich ganz gut geschildert, was es eigentlich braucht. Und zwar eine externe Stelle irgendwie, die sich um die Betroffenen kümmert und unabhängig von der Kirche – aber eben die evangelische Kirche sollte das aus ihren Mitteln dann eben finanzieren – sich unabhängig dazu berät und Konzepte entwickelt: Wie können wir mit Betroffenen umgehen, die eben sexualisierte Gewalt innerhalb der evangelischen Kirche erlebt haben?
Nun ist es aber ja schon daran gescheitert, dass dieser Betroffenenbeirat ja gescheitert ist. Also du hast ja selber gesagt, du warst, du saßt eigentlich mit drin und bist dann ausgestiegen. Und ich glaube, es wurde auch sogar aufgelöst. Ich weiß gar nicht, gibt es eine Betroffenen-Ratsstelle überhaupt in der evangelischen Kirche gerade?
[00:21:55.350] - Katharina Kracht
Ja, die haben dann so etwas entwickelt, was Beteiligungsforum heißt. Und es kann sein, dass ich jetzt ein paar Details nicht ganz richtig habe, aber da arbeiten, also da arbeiten kontinuierlich zusammen neun Kirchenvertreter:innen und acht Betroffene. Das heißt, die Kirche ist immer sowieso schon in der Übermacht. Das finde ich problematisch.
Da argumentieren die natürlich: Ja, das ist unsere Expertise und das muss ja auch in unserer Organisation funktionieren. Und die sagen auch, sie haben eine neutrale Prozessbegleitung oder so was, irgendwie so was ähnliches. Ich finde es aber sehr problematisch. Wie gesagt, unter den Betroffenen... Also die, ich finde das super, dass die das machen wollen und die wollen sich, ich weiß auch, dass die sich für andere Betroffene einsetzen wollen und dass das wirklich, die wollen wirklich was verbessern. Nur ganz, ganz viele von denen arbeiten zum Beispiel auch in den Landeskirchen oder so was. Und das ist natürlich was Schwieriges. Und ich habe das gemerkt, dass man das nicht problematisieren darf.
Ich finde, dass man Rollenkonflikte nur dann bearbeiten kann, wenn man sie problematisieren kann. Also wenn ich sozusagen, ich denke mir jetzt mal was aus, wenn ich jetzt die Leiterin einer evangelischen Schule wäre und im Betroffenenbeirat als Betroffene sitzen würde, dann würde ich da ja als Betroffene sitzen und das ist ja auch mein Recht. Ich muss aber auch reflektieren, was es bedeutet, dass ich auch für die Kirche arbeite und ganz viel Kommunikation für die evangelische Kirche tun muss. Das heißt, ich habe einen Rollenkonflikt. Und das habe ich so erlebt, dass das gar nicht benannt werden darf.
Und meiner Meinung nach, also das ist auch so eine Harmonie, also so ein Vermeiden von Konflikten, was ich höchst problematisch finde. Und ich glaube, man muss wirklich eine gute Kultur, eine gute Streitkultur, eine gute Kultur des Dissens, des Dissens entwickeln, damit man mit Betroffenen arbeiten kann, weil es doch total klar ist: Die Betroffenen sind super heterogen. Also es gibt die Menschen, die wirklich, was weiß ich, in den 30er, 40er, in den 50er geboren wurden und quasi Zwangsarbeit geleistet haben in Heimen der Diakonie. Also ich komme ja aus Bremen, da ist Freistatt gar nicht so weit entfernt. Das ist natürlich ein anderer Hintergrund, der repräsentiert werden muss und gerecht repräsentiert werden muss als jemand wie ich in der Kirchengemeinde. Also allein schon die Generationen sind anders. Und dann gibt es Leute aus den verschiedenen Regionen Deutschlands und so weiter. Und ich glaube, dass das so gar nicht gegeben ist, dass das sehr vereinheitlicht wird.
[00:24:24.230] - Nadia Kailouli
Würdest du sagen, was die Aufarbeitung betrifft, könnte die evangelische Kirche von der katholischen Kirche etwas lernen?
[00:24:31.300] - Katharina Kracht
Das würde ich mich nicht zu sagen trauen, weil ich das nicht wirklich beurteilen kann. Und... das kann ich nicht sagen. Ich glaube, ich glaube, dass wir alle noch gar nicht wirklich wissen, was Aufarbeitung ist und wie das geht und welche Form von Gerechtigkeit es gibt. Und dass das auch...
Also alle Betroffenen sind natürlich insofern gleich, als dass sie die gleichen Rechte haben und den gleichen Anspruch haben, dass man irgendwie versucht, wieder Gerechtigkeit zu schaffen. Und gleichzeitig ist ja diese Form von Gerechtigkeit, kann ja bei der einen Person anders aussehen als bei der anderen. Und ich glaube, das ist wirklich ein langer Prozess und das ist ein Prozess, den man auch nicht nur innerhalb dieser Organisation schafft. Ich glaube, man braucht da wirklich ganz massiv Input von außen und man braucht Leute, die immer wieder als Anwält:innen der Betroffenen da auch wieder, immer wieder den Finger in die Wunde legen.
[00:25:24.190] - Nadia Kailouli
Du hast es eben erwähnt, wenn wir – ich hoffe, dass es okay ist, nochmal auf dich persönlich zu kommen. Du sagst einfach, wie weit du gehen willst und wo du sagst, dazu möchtest du nichts sagen. Das ist mir sehr wichtig. Aber du hast ja eben gesagt, dass du eben Schaden davongetragen hast – eine posttraumatische Belastungsstörung. Du bist beschränkt arbeitsfähig. Inwieweit oder ab wann wurde dir denn die Anerkennung dafür gegeben, dass sie das annehmen und für wahr empfinden, dass du eben sexuellen Missbrauch in der evangelischen Kirche erlebt hast?
[00:25:54.550] - Katharina Kracht
Also ich sage mal so, das war eigentlich ganz gut, weil ich nicht den Eindruck hatte, dass mir im ersten Kontakt nicht geglaubt wurde. Ich habe aber beim ersten Kontakt auch darauf geachtet, mich in einer Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt zu treffen mit der Pastorin auf neutralem Boden. Das war mir sehr wichtig und es war da auch eine Fachkraft dabei und das fand ich sehr gut. Ich glaube trotzdem, dass sie mir von Anfang an geglaubt hätte. Also das ist mir nicht so gegangen, dass ich dafür kämpfen musste. Ich weiß, dass es Betroffene gibt, die dafür kämpfen müssen. Also das heißt, da habe ich einfach irgendwie Glück gehabt, einen guten Moment erwischt oder so was.
Was aber dann sehr schwer ist, dass man dann eben so Anträge stellen muss. Und also, nach dem, was ich weiß... also ich habe ja sehr lange dann meinen Fall weiter recherchiert und habe eben gemerkt: Nein, ich bin nicht die einzige. Im Gegenteil, ich weiß von der ersten Betroffenen. Also bei mir hat es so 1998/89 angefangen. Ich bin Jahrgang 73 und ab 1972 gab es wahrscheinlich betroffene Mädchen und bis 2000, 2001. Also wir wissen eigentlich, dass dieser Täter 30 Jahre lang junge Mädchen sexuell belästigt hat und auch missbraucht hat.
[00:27:05.750] - Nadia Kailouli
Du hast gerade einen sehr wichtigen Punkt angesprochen, finde ich. Und zwar hast du selbst recherchiert. Dein Fall wurde bekannt. Du hast dich eben da hingewendet, hast gesagt: Das und das ist mir passiert. Und anstatt dass die evangelische Kirche ja dann selber irgendwie einen Aufruf startet und sagt: Bitte...
[00:27:21.180] - Katharina Kracht
Nee.
[00:27:21.520] - Nadia Kailouli
Das hat ja glaube ich, gar nicht stattgefunden.
[00:27:23.740] - Katharina Kracht
Nein.
[00:27:24.060] - Nadia Kailouli
Sondern du bist selbst in die Eigeninitiative, in die Recherche gegangen, zu gucken: Moment mal, ich muss jetzt mal gucken, gibt es eigentlich auch noch andere? Und das wäre ja eigentlich die Aufgabe einer Aufarbeitungsstelle oder überhaupt im Interesse der evangelischen Kirche hätte das doch sein müssen, zu sagen: Oh, Moment mal, wir müssen mal gucken, ist Katharina da die einzige oder gibt es noch andere?
[00:27:42.300] - Katharina Kracht
Ja, also ich hätte das auch erwartet. Ich habe dann erst mal diesen Antrag gestellt, was sehr, sehr anstrengend und aufreibend war. Also man muss dann sozusagen die Taten beschreiben, wo es stattgefunden hat, wann es stattgefunden hat. Ich kann ja auch irgendwie verstehen, die wollen natürlich auch Butter bei die Fische, ist klar. Also irgendwie müssen sie das auch nachvollziehen können. Aber es ist wahnsinnig schwer und ganz viele Betroffene stellen diese Anträge auch nicht. Es ist wirklich, also es tut weh, diesen Antrag zu stellen, finde ich. Also kann natürlich auch sein, dass es manchen leicht fällt, aber den meisten fällt es nicht leicht und viele stellen ihn gar nicht.
Ich hatte dann den Antrag, ich habe dann auch diese Summe bekommen zur Anerkennung des Leides, das mir ungefähr ein Zehntel meiner Kosten oder sowas, die ich habe oder Nachteile ersetzt, weil ich ja einfach durch die eingeschränkte Arbeitsfähigkeit auch zum Beispiel gar nicht so viele Bezüge im Alter bekommen werde und so. Also das zieht sich ja durch die Biografie sozusagen.
Als ich das hatte, dann ist mir irgendwann eingefallen, dass ja Pastor:innen auch eine Schweigepflicht haben. Das heißt, ich kann mich an alle Pastor:innen, die irgendwie mit diesem Pastor zu tun hatten, kann ich mich wenden und denen schreiben. Und das habe ich gemacht. Und darüber habe ich dann auch Kontakte gewonnen, irgendwie in die Kirchengemeinden und habe schon so ein paar Sachen nachgehört, also konnte ich nachvollziehen.
Und ich habe tatsächlich, also viele Freundschaften waren kaputt gegangen durch den Missbrauch, weil der Täter mich sehr isoliert hat. Also diese typischen Coercive Control, also diese Zwangskontrolle, die so Täter ausüben auch, von den Freund:innen trennen, soziale Beziehungen möglichst auf ihn reduzieren und so was. Und ich habe dann aber endlich angefangen, mit meinen Freundinnen von damals zu sprechen und das war vor sechs Jahren und das war wahnsinnig gut. Und da haben wir eigentlich gemerkt, dass er uns alle auch belästigt hat, mindestens belästigt und manche dann stärker und andere weniger stark, so.
[00:29:33.560] - Nadia Kailouli
Du hast gerade gesagt, vor sechs Jahren hast du mit deinen Freundinnen gesprochen. Darf ich dein Alter sagen?
[00:29:39.490] - Katharina Kracht
Ja, ja, ich bin gerade 50 geworden.
[00:29:40.500] - Katharina Kracht
Du bist gerade 50 geworden. Und wir reden hier von etwas, was dir passiert ist, als du ein junges Mädchen warst, 14, 15. Und das ist noch mal so verbildlichend stark dargestellt eben, wie lange sich das dann eben zieht, dass das einfach Teil des Lebens ist. Dass es sowohl Auswirkungen auf die Entwicklung hat, aber Auswirkungen eben auch auf das Jetzt im Leben hat, weil man sich andauernd immer wieder damit auseinandersetzt. Was zum einen natürlich gut ist. Du hast gerade gesagt, das tat dir irgendwie gut, mit deinen Freundinnen dann auch darüber zu sprechen.
Aber nichtsdestotrotz ist das ja eben... Und das hält wahrscheinlich auch viele davon ab, weil es nicht so leicht ist mit diesen Anträgen, mit den richtigen Ansprechpartnern finden, mit der Anerkennung finden und so weiter. Und ich habe mir gerade gedacht: Boah krass, sie ist doch jetzt 50. Es ist passiert da war sie 14. Und es ist immer noch tagtäglich Thema. Klar, wir laden dich natürlich auch ein, um mit dir darüber zu sprechen, weil es aber auch wichtig ist, dass man dazu nicht ins Schweigen kommt, oder?
[00:30:34.940] - Katharina Kracht
Ja, also ich glaube, das ist ja ganz, ganz häufig so – auch Betroffene, die als kleine Kinder missbraucht wurden. Man versteht ja nicht, was da vor sich geht. Und dann gibt es, also das ist erst mal dieses, dass Kinder oder Jugendliche das oft nicht begreifen. Ich habe gedacht okay, der Pastor küsst mich jetzt. Aha. Also so, aber ja, okay, der liebt mich jetzt und ich bin da irgendwie so rein geschlittert sozusagen und wusste gar nicht, was mir geschah.
Und er war ja sowieso für mich, also als Pastor, dieses...Täter nutzen ja die kognitive Überlegenheit. Also wenn die Erwachsene sind, dass sie einfach schon mehr vom Leben wissen und dass sie Dinge besser durchschauen können als Kinder und Jugendliche. Das nutzen die ja aus. Und ich habe das einfach überhaupt nicht geschnallt. Und als Pastor habe ich halt auch gedacht, das ist ja der Pastor. Also der erzählt mir ja, was Gott will oder was Jesus will und der weiß schon, was richtig ist...
[00:31:29.410] - Nadia Kailouli
Gibt einem die Werte fürs Leben so mit und so. Ja, ja, genau.
[00:31:33.160] - Katharina Kracht
Und das hat also sehr lange gebraucht, bis ich überhaupt verstanden habe, dass das Missbrauch war. Vor allen Dingen, weil er... diese Verdrehung eben mit dieser Liebesbeziehung. Ich finde auch wirklich, das ist so manipulativ und das schadet halt auch so. Also andere Formen von Missbrauch schaden auch. Und für mich war es eben spezifisch dieses, dass mir das so, diese ganze...Wie bin ich da reingeraten? Was ist da passiert? Und da habe ich mir ganz lange unglaublich viel Schuld selber gegeben.
Also ich habe immer gedacht: Hätte ich mich bloß irgendwie, hätte ich mich mehr dagegen zur Wehr gesetzt, hätte ich Nein gesagt. Und das hat sehr lange gebraucht, bis ich gemerkt habe: Nein, ich konnte gar nicht nein sagen. Also wenn ich hätte nein sagen können...
[00:32:11.920] - Nadia Kailouli
Hättest du es wahrscheinlich dann auch...
[00:32:13.740] - Katharina Kracht
Dann hätte ich es natürlich getan. Der Typ war 48, ich war 17, als der schwere Missbrauch anfing. Ich hatte kein sexuelles Interesse an dem, also null. Und ja, das ist natürlich auch sehr schmerzhaft, weil in dem Aufarbeitungsprozess, der in Teilen sehr gut gelaufen ist in der Kirchengemeinde, haben dann auch Leute gesagt, wieso, die hätte doch nein sagen können. Oder ich bin halt auch angerufen worden von einer Frau, die in der alten Kirchengemeinde des Pastors, wo er eben schon, der war in Wolfsburg vorher und bei mir war es ja in der Nähe von Hamburg. Da hat mich dann eine Person angerufen, die war auch ganz interessiert und offen und die hat aber auch wirklich, die hat mich gefragt: Und hätten sie wirklich nicht nein sagen können? Und wo ich so denke, ist das euer Standard? Ist das euer Standard, dass der Pastor sich an Jugendliche heranmachen darf und Sex mit Jugendlichen haben darf...
[00:33:02.510] - Nadia Kailouli
Und man dann dem Jugendlichen vorwirft, man, hätten Sie wirklich...
[00:33:05.500] - Katharina Kracht
Wirklich nicht!
[00:33:05.720] - Nadia Kailouli
Also das ist, da wird einem schon ein bisschen übel und man wird, also ich werde super wütend, dass das heutzutage sich noch jemand traut, überhaupt zu fragen: Hätten sie nicht Nein sagen können?
[00:33:16.000] - Katharina Kracht
Ja, aber das ist ja...
[00:33:16.260] - Nadia Kailouli
So, also ich finde, es ist auch schwierig darüber zu diskutieren, weil in meinem Verständnis gibt es da nichts zu diskutieren irgendwie, oder?
[00:33:24.920] - Katharina Kracht
Nein, aber das ist ja gut. Du hast dann da eine große Klarheit und die hat man natürlich als 15-, 16-, 17-jährige nicht.
[00:33:30.700] - Nadia Kailouli
Also die Klarheit sollten ja andere Erwachsene zumindest haben, oder?
[00:33:33.750] - Katharina Kracht
Absolut, einhundert Prozent.
[00:33:35.100] - Nadia Kailouli
Das ist doch irre.
[00:33:37.000] - Katharina Kracht
Aber das nutzen die Täter halt immer wieder aus. Und dann ist dieser Pastor beliebt gewesen. Der galt als sehr fortschrittlich und der hat auch auf eine Weise, also natürlich hat er fürchterliche Jugendarbeit gemacht, weil der hat über 30 Jahre Jugendliche im Kontext seiner Jugendarbeit missbraucht. Aber das Angebot, was er gemacht hat damals, das fanden wir unglaublich spannend. Wir fanden die Jugendarbeit toll und wir haben auch untereinander, also wir haben auch sehr, sehr schöne Zeiten erlebt. Also das will man dann auch nicht verlieren. Also das ist dann so was Wertvolles als Jugendliche. Bei mir zu Hause war das alles nicht so schön und es gab halt sonst nichts. Und dann war das halt so ein Bezugsrahmen.
[00:34:15.620] - Nadia Kailouli
Und dann ist natürlich auch die Anerkennung von den Eltern gegenüber demjenigen groß. Ach, der kümmert sich um die Kinder, der macht tolle Programme, die lungern nicht auf der Straße rum, sondern sind super beschäftigt. Das sind natürlich alles Strukturen und Mechanismen, die so einen Täter natürlich auch total schützen können.
[00:34:30.650] - Katharina Kracht
Total. Also das war ja wirklich so, das... Ich glaube auch, dass viele sich auch gefreut haben, dass es so ein progressiver Pastor war. Also es gab auch sehr viel Gegenwind, der war aber, im Grunde genommen so die Opposition gegen ihn, die war sehr politisch motiviert und da ging es nicht die Jugendlichen, dass er da was falsch macht, sondern da ging es darum, dass er irgendwie, weiß ich nicht, Frieden und Gerechtigkeit, wie die das dann damals immer gesagt haben, wollte. Also auf diese Weise.
Ja, und das war einfach ein Vertrauensvorschuss. Das ist der Pastor. Das ist ja auch noch vor 30 Jahren gewesen oder vor über 30 Jahren. Das ist auf dem Dorf gewesen. Jetzt nicht super dörfliche Struktur, aber dörflich. Und ja, das ist halt der Mann, der vorne am Sonntag auf der Kanzel steht und die Welt erklärt und irgendwie, wo man danach Amen sagt, wenn er das gesagt hat.
[00:35:21.800] - Nadia Kailouli
Ja, du sagst es, dann sagt er auch noch Amen danach und alle denken sich Mensch, ist ja toll. Und im Nachhinein wusstest du, ey Moment mal, was für ein...Ich sage das Wort jetzt nicht, aber so fühle ich es gerade. Katharina, was mir noch wichtig ist zu erwähnen, ist, dass du Lehrerin bist. Wie handhabst denn du das Thema sexuelle Gewalt in der Schule? Also nicht in der Schule, sondern du als Lehrerin das Thema überhaupt?
[00:35:45.380] - Katharina Kracht
Ja, genau. Also da würde ich so zwei Sachen zu sagen oder vielleicht drei Sachen. Ich glaube, es ist total wichtig, dass wir... Ich habe als Lehrerin in meinem Studium nichts dazu gelernt. Ich hoffe, dass es ein bisschen anders ist, dass es zumindest punktuell anders ist jetzt bei jüngeren Generationen. Aber es hat sich nicht wesentlich geändert. Das weiß ich von Menschen, die jetzt im Referendariat sind. Das muss in die Ausbildung, das muss in die Ausbildung aller relevanten Berufe und zwar fest verankert.
In den Kollegien, es ist wichtig, also die Bundesländer haben sich ja alle verpflichtet, Schutzkonzepte für Schulen zu entwickeln. Das finde ich wirklich total wichtig, dass da nachgehakt wird und dass die Bundesländer da auch Ressourcen bereitstellen, damit es entsprechende Fortbildungen gibt und so.
Ja, und dann ist natürlich immer das im Umgang mit der Schule. Und ich finde eine Sache, es gibt so zwei Ebenen: erst mal thematisiert man das, ja oder nein? Ich bin Englischlehrerin. Ich muss immer Shakespeare mit meinen Schüler:innen lesen. Und wenn man sich Shakespeare anguckt, da geht es ganz oft um sexuelle Gewalt. Und wie thematisiere ich das? Also wenn da jemandem in einem Dialog eine Vergewaltigung angedroht wird, wie thematisiere ich das? Sag ich das so: Ja, macht der halt so. Mache ich das so witzig runter? Oder sage ich, was fällt euch zu der Situation ein? Ja, das kann ich aufgreifen. Also bei Shakespeare geht es oft Machtverhältnisse und auch Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern. Und das ist ja auch in anderer Literatur so. Und wenn ich das einfach aufgreife, kann ich das in meinem Kontext thematisch verbunden unterrichten.
Und dann kann ich, also ich habe dann zum Beispiel irgendwann mal gesagt, wir müssen über consent sprechen und habe dieses Video zu diesem, als Englischlehrerin, „consent is like tea" oder so, also dieses tea consent, was da die britische Polizei mal entwickelt hat, das ist super. Also „tea, consent" auf YouTube eingeben, kriegt man das Video auch mit deutschen Untertiteln.
Und ich denke, Schulen müssen halt ganz stark reflektieren. Also Schulen brauchen sexualpädagogische Konzepte, die müssen sich mit diesen Geschlechterfragen auseinandersetzen. Ich arbeite halt auch viel mit Jugendlichen, die nicht binär sind und die berichten von Gewalt in der Schule. Und das sind auch Sachen, wo wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen müssen.
Also ich glaube einfach, da braucht es eine Fachlichkeit im Kollegium und es braucht eine Auseinandersetzung mit dem Machtgefälle. Ich habe halt einfach Notenmacht als Lehrerin. Das muss ich gucken. Wie gehe ich verantwortlich mit der Macht um? Und es muss klar sein, dass es keine Liebesbeziehung zwischen Lehrern und Schülerinnen geben kann und in welcher Konstellation auch immer. Also auch wenn es eine Lehrerin ist und Schüler oder so was, dann wird das ja auch immer so romantisiert. Also so ein Bullshit, dass ist auch Machtmissbrauch.
[00:38:19.610] - Nadia Kailouli
Katharina Kracht, vielen, vielen Dank, dass du uns heute sehr persönlich von dir erzählt hast, aber auch noch mal ganz klar geschildert hast, wo die evangelische Kirche wirklich dran zu arbeiten hat, was das Thema Aufarbeitung zum Thema sexuellen Missbrauch betrifft. Vielen Dank Katharina.
[00:38:34.690] - Katharina Kracht
Ja, gerne.
[00:38:39.400] - Nadia Kailouli
Also eine Sache ist mir total wichtig, dass ich die so aus meiner Sicht noch mal ganz kurz klar stelle: Katharina hat das ja sehr eindringlich eben geschildert. Dieses so, ich war 14, 15, 17 und da ist so ein 48-Jähriger oder wie alt der da damals war und missbraucht mich. An dieser Stelle will ich einmal ganz klar sagen: Jemand, der 14 oder 15 oder auch 17 ist, muss nicht in der Lage sein, das zu erkennen, was da gerade passiert. Da liegt die Verantwortung einfach bei dem Erwachsenen. Und zwar sowohl in der Institution als auch bei dem Täter, zu wissen, ey, ich überschreite hier gerade Grenzen.
Und nur weil man 14, 15 ist, heißt das nicht, dass man da schon irgendwie feinfühlig aufgeklärt sein muss, vor allem vor 30 Jahren noch weniger als heute, um zu wissen: Oh nee, hier schreitet gerade jemand über seine Grenzen. Sie hat es ja gesagt, man ist so jung, man denkt da gar nicht drüber nach. Und das ist, glaube ich, noch mal was, was ich hier noch mal unterstreichen möchte. Auch im späteren Alter muss man sich dafür nicht rechtfertigen, dass man so jung war, weil man ist halt eben jung, man ist unerfahren. Und zum Glück reden wir heute darüber auch unter anderem hier in diesem Podcast, dass man eben aufklärt und sensibilisiert. Aber die Verantwortung liegt niemals bei dem Kind, sondern immer bei den Erwachsenen.
Und hier jetzt noch ein wichtiger Hinweis für euch. Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung hat einen Dialogprozess gestartet. Da geht es um die Aufarbeitung sexueller Gewalt in Einrichtungen und um die Frage, was eine echte Beteiligung betroffener Menschen ausmacht und wie diese sichergestellt werden kann. Die Missbrauchsbeauftragte möchte deshalb gemeinsam mit Betroffenen und Menschen, die in Institutionen – also Sportverein, Kirchen oder Schulen arbeiten – Standards und Kriterien zur Beteiligung Betroffener an Aufarbeitungsprozessen entwickeln. Alle Links zu dieser Aktion haben wir euch hier in den Shownotes verlinkt und wer Lust hat, der kann sich dort schnell melden unter dialogprozess@ubskm.bund.de und der Anmeldeschluss ist der 9. Juli.
Katharina Kracht wurde in den 80ern von einem Pastor missbraucht und kämpft dafür, dass die evangelische Kirche sich bei der Aufarbeitung von Missbrauch deutlich mehr anstrengt.
Mehr Infos zur Folge
Gerade erst war mal wieder evangelischer Kirchentag. Das Thema „Missbrauch” wurde in nur 4 von über 2.000 Veranstaltungen behandelt – also anscheinend war das nicht wirklich wichtig. Es sieht so aus, als ob immer noch viele Protestant:innen anscheinend der Meinung sind, dass es Missbrauch vor allem drüben bei den Katholiken gibt.
Kirchentagspräsident Thomas de Maizière beispielsweise sagte im Interview recht entspannt: „Auch bei uns MAG ES Machtstrukturen gegeben haben, die sexuellen Missbrauch begünstigen.” MAG ES GEGEBEN HABEN – diese doch recht zurückgelehnte Haltung regt Menschen, die in der evangelischen Kirche Missbrauch erlebt haben, natürlich auf. Zum Beispiel: Katharina Kracht.
Die Lehrerin aus Bremen setzt sich auch in ihrem beruflichen Kontext für das Thema sexualisierte Gewalt ein. Sie wurde über Jahre von einem evangelischen Pastor missbraucht. Die Übergriffe fingen an, als sie 14/15 war. Mit 22 konnte sie sich aus der manipulativen Beziehung befreien.
2015 hat sie sich bei der Kirche gemeldet, 2020 ist ihr Fall öffentlich geworden. Sie hat selbst viele weitere Betroffene recherchiert und herausgefunden, dass der Täter 30 Jahre lang immer wieder Mädchen manipuliert und missbraucht hat. Katharina ist Mitglied im Verbund ForuM-Studie (Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland), sieht das aber nicht als „Beziehung zur Kirche”, sondern als Teil der wissenschaftlichen Aufarbeitung.
Als sie damals mit ihrem Fall an die Kirche herantritt, wird ihr Fall zwar anerkannt und sie bekommt Entschädigungszahlungen. Aber die Kirche sucht erstmal nicht nach weiteren Betroffenen.
Eine Dunkelfeld-Studie (2019) geht davon aus, dass es in der evangelischen und katholischen Kirche ähnlich hohe Fallzahlen gibt. Katharina sagt, dass weiblichen Betroffenen in der evangelischen Kirche häufig eine Mitschuld zugeschrieben wird, es werde ein lolitaeskes Bild von den Betroffenen gezeichnet, sie hätten verführt.
WEITERE INFOS + HILFEANGEBOTE:
Katharina bei Twitter
@KraaaankyKat
Podiumsgespräch mit Katharina
BHC 2022 I Zeugenschaft: Betroffene bringen sexuelle Gewalt zur Sprache
Artikel über Katharinas Geschichte
Hamburger Abendblatt | Missbrauchsopfer: “Das Trauma geht nicht weg”
Artikel über die Kritik an der Aufarbeitung bei der EKD durch Betroffene
Humanistischer Pressedienst | Neuer Anlauf, alte Probleme
Ein Artikel der Emma zur evangelischen Kirche und der Aufklärung von sexuellem Missbrauch
EMMA | Cooler sexueller Missbrauch?
Katharina empfiehlt diesen Erklärfilm, wenn man mit Jugendlichen über das Thema „einvernehmlicher Sex“ sprechen möchte
YouTube | Tea Consent