Berlin, 8. Oktober 2025. Die Unabhängige Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen (UBSKM), Kerstin Claus, hat ein Rechtsgutachten zur langfristigen Weiterführung des Fonds Sexueller Missbrauch beauftragt. Ziel war es, eine juristische Expertise zu erstellen, wie der Fonds haushaltskonform verstetigt und gesetzlich verankert werden kann. Erstellt wurde das Gutachten vom Verfassungs- und Verwaltungsrechtler Prof. Dr. Ulrich Battis und der Rechtsanwältin Dr. Franziska Drohsel.
Kerstin Claus, Unabhängige Bundesbeauftragte: „Der Fonds Sexueller Missbrauch ist für viele Betroffene die einzige Option auf unbürokratische und niedrigschwellige Hilfe. Er ist damit ein starkes Zeichen staatlicher Verantwortungsübernahme und eine wichtige Anerkennung des erlittenen Unrechts. Denn sexualisierte Gewalt zerstört Biografien, viele Betroffene ringen ein Leben lang mit den Folgen. Im Moment stehen für den Fonds nur noch Mittel für schon gemachte Zusagen aus Altanträgen zu Verfügung. Der Fonds ist aber für Betroffene unverzichtbar – ohne ihn können sich viele eine Therapie, Hilfsmittel oder andere elementare Unterstützung nicht leisten. Die Mittel müssen deshalb dauerhaft gesichert und der Fonds muss perspektivisch endlich gesetzlich verankert werden. Betroffene müssen sich auf dieses staatliche Hilfeangebot auch weiterhin verlassen können.“
Zentrale Ergebnisse des Rechtsgutachtens:
- Der Fonds Sexueller Missbrauch kann rechtskonform fortgeführt werden, am sinnvollsten wäre ein eigenständiges Gesetz, auch eine Regelung im Rahmen des UBSKM-Gesetzes wäre möglich.
- Ein gesetzlicher Anspruch sollte Betroffenen im familiären Kontext auch weiterhin Sachleistungen bis zu 10.000 Euro ermöglichen und Menschen mit Behinderungen Sachleistungen bis zu 15.000 EUR und sollte somit bewährte Praxis bleiben.
- Um Antragslücken zwischen alter und neuer Regelung zu vermeiden, sollte zeitnah eine Übergangslösung geschaffen werden, dafür könnte die derzeit geltende Dauer der Billigkeitsrichtlinie verlängert werden. Dies ist aber keine Dauerlösung, denn um eine kontinuierliche Fortführung der Leistungen zu gewährleisten, müsste der Bundestag jedes Jahr erneut Mittel für den Fonds einstellen.
Betroffenenrat bei der UBSKM: „Das vorliegende Rechtsgutachten zeigt: Eine Weiterführung des Fonds Sexueller Missbrauch ist rechtlich möglich und bestätigt unsere Forderung an das Bundesfamilienministerium. Die notwendigen Korrekturen müssen nicht, wie derzeit, auf Kosten der Betroffenen gehen, denn Teile der bewährten und vom Bundesrechnungshof nicht beanstandeten Praxis könnten fortbestehen. Wir fordern eine gesetzliche Verankerung des Fonds und bis dahin zeitnahe Übergangslösungen. Jederzeit kann unsere fachliche wie praxisnahe Expertise abgerufen werden."
Julia Gebrande, Vorsitzende der Unabhängigen Kommission des Bundes zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs: „In den letzten Monaten haben uns viele Betroffene berichtet, wie erschütternd der Antragsstopp für den Fonds Sexueller Missbrauch für sie war. Körperliche oder psychische Folgen des Missbrauchs machen es für viele unmöglich, komplizierte und bürokratische Antragsverfahren für andere Hilfeleistungen zu bewältigen. Der Fonds war für sie deshalb sehr bedeutsam und ein Zeichen der Anerkennung durch den Staat, der sie nicht ausreichend schützen konnte. Deshalb unterstützen wir die Forderung nach einer neuen gesetzlichen Regelung.“
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Zum Hintergrund:
Das BMBFSFJ hatte im März auf der Website des Fonds Sexueller Missbrauch bekannt gegeben, dass Erstanträge nur noch bis zum 31. August 2025 gestellt werden können und eine Auszahlung nur noch bis 31.12.2028 erfolgen kann. Diese Entscheidung bedeute, so Claus, das faktische Ende eines der wichtigsten Hilfesysteme für Betroffene sexueller Gewalt. Der 2013 eingerichtete Fonds ermöglicht Betroffenen, Sachleistungen in Höhe von bis zu 10.000 EUR (bei einem Mehrbedarf bei Behinderungen bis zu 15.000 EUR) zu beantragen. Er war eine zentrale Errungenschaft des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch" (2010-2011) und bot Unterstützung, wo andere Hilfesysteme wie das Opferentschädigungsrecht nicht greifen konnten, weil Betroffene die erlebte Gewalt nicht oder nicht mehr hinreichend beweisen können. Im Juni 2025 ist die Frist für Erstanträge erneut geändert worden. Einreichungsfrist ist seither rückwirkend der 19.03.2025.
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