Prävention | Pressemitteilungen | 19.08.2015

Missbrauchsbeauftragter: „Flüchtlingskinder sind besonders gefährdet Opfer sexueller Übergriffe zu werden. Zu ihrem Schutz brauchen wir Mindeststandards gegen sexuelle Gewalt in allen Flüchtlingsunterkünften!“

Berlin, 19.08.2015. Statement des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig:
„Laut aktueller Prognosen erwarten wir bis Jahresende weit über 650.000 Flüchtlinge in Deutschland. Die dramatisch wachsende Zahl der Flüchtlinge stellt Politik und Zivilgesellschaft vor große Aufgaben. Dem großen und einzigartigen Engagement vieler Organisationen und helfender Einzelpersonen gebührt höchster Respekt und Anerkennung. Bei der administrativen und logistischen Herausforderung, Unterkünfte für hunderttausende Flüchtlinge zu schaffen, muss die Sicherheit der Flüchtlingskinder vor sexueller Gewalt in diesen Unterkünften ganz besonders in den Blick genommen werden. Im Vergleich zu den meist klaren Strukturen in Kitas, Schulen oder Heimen sind die Abläufe in Flüchtlingsunterkünften oft ungeordnet und sehr dynamisch. Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt und Notfallpläne gibt es dort größtenteils nicht. Erwachsene und Kinder wohnen in Großunterkünften auf engstem Raum, Intimität, Rückzugsorte, Sprachvermittlung und Kultursensibilität sind vielfach nicht gewährleistet. Für Täter bieten sich dadurch viele Gelegenheiten, Nähe zu Flüchtlingskindern herzustellen, die oftmals durch traumatische Erlebnisse und den Verlust ihres vertrauten Umfelds instabil und auf besondere Unterstützung angewiesen sind. Übergriffe können sowohl vom Personal als auch von Bewohnern oder anderen Jugendlichen in den Unterkünften ausgehen  - aber auch von Betreuenden und Paten, die beispielsweise schulische Unterstützung oder Freizeitaktivitäten anbieten. Auch für Flüchtlingsunterkünfte müssen deshalb Mindeststandards gegen sexuelle Gewalt gelten: Die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses muss für alle Hauptberuflichen und Ehrenamtlichen gelten. Klare Verhaltensregeln zum Umgang miteinander müssen in allen Flüchtlingseinrichtungen verbindlich festgelegt und in allen relevanten Sprachen bekannt gemacht werden, ebenso interne wie externe Ansprechpersonen und Beschwerdemöglichkeiten bei Vermutung und Verdacht. Außerdem muss es räumliche Mindeststandards wie abschließbare Toiletten, geschlechtergetrennte Duschbereiche und persönliche Rückzugsmöglichkeiten geben, sowie durch Fachkräfte betreute Spiel- und Freizeitbereiche für Kinder und Jugendliche, damit Fachkräfte gegebenenfalls Signale erkennen und Hilfen ermöglichen können.“

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