Über 2,5 Mio. Menschen sind seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine aus ihrer Heimat geflohen. Das Flüchtlingswerk der UN rechnet mit 4 Mio. oder mehr geflüchteten Menschen innerhalb Europas und bezeichnet die Fluchtbewegung als die größte seit dem Zweiten Weltkrieg. Gegenwärtig erreichen jeden Tag etwa 10.000 Menschen, die meist über Polen aus der Ukraine geflohen sind, den Berliner Hauptbahnhof. Von dort aus werden seit dem 07. März 2022 geflüchtete Menschen aus der Ukraine auf andere Bundesländer umverteilt:
Aber OHNE dass es eine verpflichtende Registrierung gibt.
Die schnelle, unbürokratische Hilfe ist wichtig und die Einigkeit der EU-Außen-minister*innen in der Frage zur Aufnahme von Geflüchteten beispiellos. Die internationale wie auch bundesdeutsche Solidarität bei der Aufnahme von Geflüchteten ist gelebte Mitmenschlichkeit. Diese Solidarität muss aber für ALLE Flüchtenden gelten, jenseits von Herkunft, Nationalität oder Hautfarbe – und auch für die, die schon in vorherigen Flüchtlingskrisen Sicherheit in Deutschland finden konnten.
Männer zwischen 18 und 60 Jahren mit ukrainischer Staatsangehörigkeit bleiben in der Ukraine zurück, weil es ihnen untersagt ist, das Land zu verlassen. Unter den vielen Menschen, die jetzt auch nach Deutschland fliehen, gibt es ganz besonders vulnerable Gruppen. Es sind Kinder und Jugendliche sowie ältere Menschen und Menschen mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen.
Neben Konzernen wie der Deutschen Bahn beteiligen sich auch viele private Initiativen sehr aktiv an der schnellen Hilfe für die geflüchteten Menschen. Sie fahren mit privaten PKW und Bussen an die Grenzen und holen dort Geflüchtete mit der Absicht ab, sie zu den kommunalen Anlaufstellen für Geflüchtete zu bringen. All das beruht auf Vertrauen und Gutgläubigkeit. In der Regel geschieht dies aus echter Hilfsbereitschaft heraus, und diese Mitmenschlichkeit ist wichtig. Aber nicht jedes Hilfsangebot ist seriös, und es besteht das reale Risiko, dass insbesondere Frauen und Kinder in Gefahr geraten statt in Sicherheit, indem sie Opfer von sexueller Gewalt und Zwangsprostitution werden.
Ohne eine vom Grenzübertritt an flächendeckende Registrierung der geflüchteten Menschen bleibt das Risiko bestehen, dass Kinder und Frauen auf der Flucht „einfach verschwinden“ und auch hier (schwere) Gewalt erfahren. Das darf nicht sein!
Kinder leiden ganz besonders unter Krieg, Flucht und Vertreibung. Sie haben gerade jetzt in besonderer Weise all unsere Aufmerksamkeit und unseren Schutz verdient.
Es gilt auch, alle Geflüchteten direkt beim Grenzübertritt in alle Nachbarländer der Ukraine sensibel und in einfacher Sprache schriftlich und mündlich über ihre Rechte zu informieren, ein Bewusstsein für mögliche Risiken für Schutzsuchende zu wecken und auf weiterführende und professionelle Anlaufstellen hinzuweisen.
Wir appellieren dringend an die Kommunen und Städte, zuständigen Behörden, Kirchen und alle weiteren Aufnahmeeinrichtungen, ihrer Verantwortung vollumfänglich nachzukommen.
Auch in Vorbereitung auf die zu erwartenden Zahlen geflüchteter Menschen müssen diese flächendeckend dafür Sorge tragen, dass bei der Aufnahme, Unterbringung und Verteilung von geflüchteten Menschen und vor allem von Minderjährigen Schutzrechte gesichert und notwendige Schutzstandards eingehalten werden. Insbesondere die Jugendämter haben die Aufgabe, für den Schutz und die Versorgung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter zu sorgen. Sie haben die Pflicht, alle unbegleiteten oder von ihren Bezugspersonen getrennten geflüchteten Kinder und Jugendlichen kindgerecht und sicher in dem Wissen ihres jeweiligen Aufenthaltsortes unterzubringen und zu versorgen.
Wir fordern:
- Kinderschutzstandards müssen in allen Formen der Aufnahme, Verteilung und Unterbringung von Geflüchteten sichergestellt und Schutzkonzepte in allen Maßnahmen verpflichtend sein. Gewaltschutz und die Garantie von Menschenrechten müssen die obersten Prinzipien allen staatlichen Handelns sein.
- Die Bundesregierung und die Länder müssen den zuständigen Kommunen und Städten alle notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen, damit sie ihre Schutzpflicht erfüllen und bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben vor Ort geplant und koordiniert vorgehen können.
- Die Städte und Kommunen müssen die Aktivitäten aller beteiligten – auch der zivilgesellschaftlichen – Akteur*innen bündeln, koordinieren und für eine sichere Grund- und auch psychosoziale Versorgung der geflüchteten Menschen sorgen.
- Wir fordern die Medien auf, ihre Aufmerksamkeit insbesondere darauf zu richten, was mit den Kindern im Krieg und auf der Flucht geschieht, und da, wo es notwendig ist, den Staat an seine Schutzpflicht zu erinnern.
Wir freuen uns, wenn Sie unseren Aufruf unterstützen und im Rahmen Ihrer Möglichkeiten verbreiten und verstärken.
Der Betroffenenrat beim UBSKM
18. März 2022
Wir bieten regelmäßig Praktikumsplätze im Bereich Presse und Öffentlichkeitsarbeit/Social Media an.
Weitere Informationen: Zu den Stellenangeboten