Berlin, 11.02.2016. Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, und Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland e. V. (ZMD) haben heute ihre Kooperation zur Verbesserung des Schutzes von Kindern vor sexueller Gewalt vorgestellt.
Auftakt der Kooperation ist der gemeinsame Informationsflyer „Wer hilft mir helfen?“, der ab heute in deutscher, hocharabischer und türkischer Sprache kostenfrei hier bestellt werden kann. Der Flyer möchte muslimische Mütter, Väter, Verwandte und Menschen aus dem sozialen Umfeld von Kindern und Jugendlichen zum Thema sensibilisieren und muslimische Einrichtungen und Gemeinden in Deutschland dafür gewinnen, das Thema anzusprechen und passgenaue Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen gegen sexuelle Gewalt zu entwickeln und einzuführen.
Rörig: „Die heutige Kooperation mit dem ZMD ist ein wichtiger Meilenstein für einen besseren Kinderschutz in Deutschland! Mit dem ZMD habe ich einen weiteren wichtigen Partner der Zivilgesellschaft an meiner Seite, der sich verstärkt für den Kampf gegen sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen einsetzt. Muslimische Familien, Gemeinden, Schulen oder Jugendverbände sind Teil unserer Gesellschaft. Wir brauchen die islamischen Verbände als Partner für einen verbesserten Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt genauso wie die Verantwortlichen in den christlichen Kirchen, dem Sport oder der Wohlfahrtsverbände. Ich danke dem ZMD für diese wichtige Kooperation und hoffe, dass weitere islamische Verbände mit ähnlicher Offenheit wie der ZMD nachfolgen werden!“
Der Missbrauchsbeauftragte schließt mit den christlichen Kirchen, der jüdischen Wohlfahrtspflege, dem Deutschen Olympischen Sportbund und weiteren großen Dachorganisationen der Zivilgesellschaft Kooperationen zu einem verbesserten Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt. Ziel ist es, dass in allen Einrichtungen, denen Kinder in Deutschland anvertraut sind, Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt gelebter Alltag werden. Präventions- und Schutzmaßnahmen sollen helfen, dass Einrichtungen keine Tatorte werden – und Schutzorte sind, an denen Kinder, die außerhalb der Einrichtung sexuelle Übergriffe erleiden, beispielsweise in der Familie, im sozialen Umfeld oder zunehmend mittels digitaler Medien, vertrauensvolle Ansprechpersonen und Hilfen finden.
Mazyek: „Wir wollen sexuelle Gewalt an Kindern nicht tabuisieren, sondern gemeinsam an einer Kultur des Hinschauens und Ansprechens arbeiten. Sexuelle Gewalt kommt leider überall vor: in der Familie, in Kindergärten, in Kinderheimen, in Jugendvereinen, in Schulen, in Wohneinrichtungen sowie bei Freizeitangeboten und auf dem Nachhauseweg. Muslime unterschätzen diese Gefahr nicht und wollen ihren Beitrag leisten, dass diese Bereiche weiter geschützt bleiben beziehungsweise da, wo es Lücken gibt, diese erkannt und geschlossen werden. Sexuelle Gewalt gegen Kinder richtet entsetzliches Leid im noch jungen Leben an. Gemeinsam mit dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs wollen wir unsere Kinder besser schützen und die Orte sicherer machen, an denen sie sich aufhalten.“
Abschließend bekräftigten Rörig und Mazyek ihre Kritik am Asylpaket II, das den Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt nicht ausreichend berücksichtige. Rörig: „Der Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt muss für alle Kinder gelten, egal welcher Herkunft oder Religion. Mit dem Asylpaket II zeigt sich, dass in Deutschland derzeit nicht Kind gleich Kind gilt! Das erweiterte Führungszeugnis alleine reicht als Schutz nicht aus und kann nur ein Baustein in einem Gesamtpaket von Mindeststandards sein, wie ich sie in meiner Checkliste seit Sommer 2015 fordere. Das Asylpaket II der Bundesregierung setzt nicht die Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie um, die geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von sexuellen Übergriffen und Belästigungen fordert. Das ist grob fahrlässig und eine Nachbesserung dringend erforderlich.“ Auch Mazyek bemängelte, dass es im Asylpaket II keine ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen insbesondere für Kinder und Frauen in Flüchtlingsunterkünften gebe sowie eine Erschwernis des Familiennachzuges: „Das ist Gift für eine schnellere Integration. Ein fehlendes familiäres Umfeld erhöht die Gefahr sozialer Spannungen.“
Wir bieten regelmäßig Praktikumsplätze im Bereich Presse und Öffentlichkeitsarbeit/Social Media an.
Weitere Informationen: Zu den Stellenangeboten