Berlin, 30.08.2023. Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, hat heute gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus an einem Online-Fachtag zum Schutz von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen teilgenommen. Unter dem Motto „Kindeschutz inklusiv(e)“ lud die Medizinische Kinderschutzhotline dazu ein, gemeinsam darüber zu diskutieren, wie Kinderschutz inklusiv und sektorenübergreifend gelingen kann.
In ihrem Grußwort dankte Kerstin Claus den Veranstaltern, dieses wichtige Thema in den Fokus der traditionellen Jahrestagung der Medizinischen Kinderschutzhotline zu stellen. Sie machte deutlich, dass Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung oder chronischen Erkrankung ein weitaus höheres Risiko aufwiesen, Vernachlässigung, Misshandlung und sexualisierte Gewalt zu erfahren und deshalb auf einen auf ihre Bedarfe abgestimmten Kinderschutz angewiesen seien. In der Realität sei jedoch häufig das Gegenteil der Fall.
„In vielen Fällen wissen Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung aufgrund mangelnder Aufklärung gar nicht, wo sexuelle Gewalt am eigenen Körper beginnt und wohin oder an wen sie sich wenden können, wenn sie sexuelle Gewalt erfahren haben. Vielfach sind Beratungsangebote nicht barrierefrei und nicht auf die Beratung von Menschen mit Behinderungen ausgerichtet“, so Claus. Umso wichtiger seien deshalb institutionelle Schutzkonzepte, die diese Aspekte berücksichtigen und dazu führen, sexuellen Missbrauch in Einrichtungen besser zu verhindern und betroffenen Kindern und Jugendlichen schneller zu helfen. Die bundesgesetzliche Neuregelung des SGB IX im Juni 2021, wodurch Schutzkonzepte in Einrichtungen nun verpflichtend sind, sei hier ein wichtiger Meilenstein für den Kinderschutz. Bei der Entwicklung von qualitativen Schutzkonzepten dürften Einrichtungen jedoch nicht alleine gelassen werden. Idealerweise werde der Prozess durch externe fachliche Expert:innen begleitet. Gerade deshalb seien auch Netzwerke vor Ort so immens wichtig.
Im späteren Fachgespräch mit Prof. Jörg M. Fegert machte Kerstin Claus noch einmal deutlich, dass bei Schutzkonzepten in der Behindertenhilfe besondere Aspekte berücksichtigt werden müssen. Zum Beispiel, dass spezifische Fortbildungen für Mitarbeitende benötigt werden, wie zum Umgang mit Nähe und Distanz oder zur möglichen eingeschränkten Mitteilungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen. Auch weitere Personengruppen wie beispielsweise Fahrdienste müssten mitgedacht und auch Präventionsangebote an das besondere Risikoprofil angepasst werden. Claus betonte, dass hier immer noch ein doppeltes Tabu gebrochen werden müsse: Das Tabu, über Sexualität mit Menschen mit Behinderungen zu sprechen, sowie das Tabu, über sexuelle Gewalt zu sprechen.
Weitere Informationen:
https://kinderschutzhotline.de
https://beauftragte-missbrauch.de/themen/definition/gefaehrdungen-und-risiken
Flyer zur Veranstaltung:
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