Gruppe von Kinder und Jugendlichen vor einer besprayten Wand
Aktuelles | 30.11.2023

EUROPÄISCHER FACHDIALOG ZUR STÄRKEREN BETEILIGUNG VON BETROFFENEN IN POLITISCHEN PROZESSEN UND AUFARBEITUNGSPROZESSEN

Beauftragte Claus: „Betroffenenbeteiligung ist eine wichtige Voraussetzung, wenn wir Prävention, Intervention und Forschung verbessern und betroffenenorientiert aufarbeiten wollen. Es ist deshalb notwendig, dass wir geeignete Maßnahmen nicht nur national, sondern auch auf europäischer Ebene diskutieren, um voneinander zu lernen, gemeinsame Hürden abzubauen und die Rahmenbedingungen für Betroffene zu verbessern.“

Berlin, Strasbourg, 30.11.2023. Anlässlich des Europäischen Tages zum Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt und Ausbeutung am 18. November, der in diesem Jahr unter dem Motto „Lernen von den Erfahrungen von Betroffenen sexueller Gewalt“ stand, fand heute in Strasbourg ein gleichnamiger Fachdialog mit Podiumsdiskussionen statt. Organisiert wurde der Fachdialog vom Lanzarote Komitee des Europarats, welches sich für eine stärkere Beteiligung von Betroffenen von sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend in politischen Entscheidungsprozessen sowie Aufarbeitungsprozessen einsetzt.

Ziel war es, durch den Austausch von Erfahrungen und Best-Practice-Beispielen aus den einzelnen Nationen das Bewusstsein für die Einbeziehung von Betroffenen in politische Entscheidungsprozesse zu schärfen und politischen Entscheidungsträger:innen konkrete Empfehlungen mitzugeben.

Aus Deutschland nahm neben der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung Kerstin Claus auch Wibke Müller, Mitglied des Betroffenenrates bei der UBSKM, an der Podiumsdiskussion teil. Weitere Teilnehmende waren Vertreter*innen der Unabhängigen Aufarbeitungskommission CIIVISE aus Frankreich, des ehemaligen Betroffenenrats der Aufarbeitungskommission aus England und Wales IICSA, ECPAT Schweden sowie die internationale Betroffenenbewegung Brave Movement.

In ihrem Input stellte Kerstin Claus zum einen die Struktur des Amtes der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), des Betroffenenrates bei der UBSKM sowie der Unabhängigen Aufarbeitungskommission vor. Zum anderen hob sie die Schlüsselrolle der strukturierten Betroffenenbeteiligung für politisches Handeln hervor. In Deutschland werde der Betroffenenrat zunehmend, auch von bundes- und landespolitischer Seite, als Expert:innen-Gremium angefragt und die Struktur als Modell verstanden.

„Die Beteiligung von Betroffenen ist eine wichtige Voraussetzung, wenn wir Prävention, Intervention und Forschung verbessern und betroffenenorientiert aufarbeiten wollen. Betroffene sind diejenigen, die aus eigener Erfahrung berichten, Versorgungslücken aufzeigen und tragfähige Konzepte für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt mitentwickeln können“, so Claus.

In Deutschland soll das UBSKM-Amt demnächst gesetzlich verankert werden. „Auch der Betroffenenrat und die Aufarbeitungskommission bei meinem Amt erhalten dadurch ein gestärktes Mandat“, so Claus weiter, „Strukturen wie Landesbetroffenenräte und Landesbeauftragte analog zu meinem Amt auf Bundesebene wollen wir auch in den Ländern stärken. Wichtig ist mir aber, dass wir geeignete Maßnahmen nicht nur national, sondern auch auf europäischer Ebene diskutieren, um voneinander zu lernen, gemeinsame Hürden abzubauen und die Rahmenbedingungen für alle Betroffenen von sexueller Gewalt zu verbessern.“

Über die Lanzarote-Konvention:

Das Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung, die sogenannte Lanzarote-Konvention aus dem Jahr 2007, ist das erste gesamteuropäische Abkommen dieser Art und wurde sowohl von Mitgliedstaaten als auch von Nicht-Mitgliedstaaten des Europarats unterzeichnet. In Deutschland ist das Abkommen am 1. März 2016 in Kraft getreten. Es ist eines der zentralen internationalen Abkommen, das sich dem Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch widmet. Die Lanzarote-Konvention verpflichtet die Unterzeichnerstaaten dazu, sexuelle Gewalt gegenüber Kindern grundsätzlich strafbar zu machen, auch dann, wenn sie innerhalb der Familie oder im Ausland stattfindet. Auch legt sie eine Reihe von Handlungen als strafbar fest, darunter Grooming, die Herstellung und Verbreitung von Missbrauchsabbildungen (sogenannte Kinderpornografie) oder Kinderprostitution.

Das Abkommen umfasst Verpflichtungen der Staaten zur Durchführung präventiver Maßnahmen, wie zum Beispiel Schulungen für Erwachsene, die in direktem Kontakt mit Kindern arbeiten, Aufklärungsangebote zu sexueller Gewalt für Kinder und Jugendliche sowie die Bereitstellung von Hilfeangeboten durch Telefon-Hotlines und Internet-Meldestellen. Die Staaten werden dazu verpflichtet, unabhängige Institutionen zur Förderung der Kinderrechte einzurichten und die Koordinierung aller mit Kinderschutz befassten staatlichen Stellen sicherzustellen.

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