Betroffenenbeteiligung | Aus unserer Sicht (Betroffenenrat) | 16.03.2016

Stellungnahme des Betroffenenrats, Fachgremium beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), zum Reformbedarf des Sexualstrafrechts: Änderungen zum Strafgesetzbuch (StGB) und der Strafprozessordnung sind notwendig

Heute berät das Bundeskabinett über einen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) zur Verbesserung der sexuellen Selbstbestimmung. Das gesamte Strafrecht zum 13. Abschnitt des StGB bezüglich sexualisierter Gewalt an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ist reformbedürftig. Die derzeitige Rechtslage, das hohe Ausmaß an Einstellungen, die Verfahrensführung und die oft nicht ausgeschöpften Strafrahmen bei sexualisierter Gewalt (die ausgesprochenen Strafen befinden sich oft am unteren Ende der rechtlichen Möglichkeiten; hohe Anzahl an Bewährungs- und Geldstrafen) sind ein falsches Signal an Täter_innen, die sich dadurch in Sicherheit wiegen können. Die Dunkelziffer der Taten ist hoch.

Sexualisierte Gewalt an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ist für Täter_innen eines der „sichersten“ Verbrechen und kann als ein in der Konsequenz für sie mehr oder weniger straffreies Delikt betrachtet werden. Im Dezember 2015 hat sich der Betroffenenrat mit einem Forderungskatalog an die Reformkommission gewandt. Wir begrüßen das Vorhaben des BMJV, das Sexualstrafrecht zu reformieren und damit bestehende Schutz- und Strafverfolgungslücken zu schließen. Der vorliegende Referentenentwurf des BMJV zum § 177 StGB und § 179 StGB ist jedoch absolut unzureichend, unsere Forderungen sind darin weitgehend nicht berücksichtigt.

Die gesamte Rechtslage, die Verfahrensführung, die Ursachen und Begründungen der Einstellungen, sowie die Begründungen der oft am unteren Ende des Strafrahmens gefällten Urteile bei allen sexualisierten Übergriffen sollten evaluiert werden. Eine repräsentative bundesweite Studie über den Umgang mit Sexualstraffällen bei der Polizei, den Staatsanwaltschaften und Strafgerichten ist notwendig. Ebenfalls sollte geprüft werden, in welchem Umfang Betroffene von sexualisierter Gewalt ihre Opferrechte, zum Beispiel ihr Recht zur Nebenklagevertretung, in einzelnen Bundesländern nutzen und damit im Verfahren besser unterstützt sind. Entscheidend für die Verfahrensführung und den Umgang mit Betroffenen ist eine gute Aus- und Fortbildung von Richter_innen. Heute findet im Bundestag auch eine Anhörung zur Änderung des Sachverständigenrechts im Verfahren vor den Familiengerichten statt. Die Nutzung von Sachverständigengutachten in gerichtlichen Verfahren ist jedoch nur sinnvoll, wenn Richter_innen über die notwendigen Kenntnisse zur Formulierung der Fragen an die_den Sachverständige_n und zur Bewertung der Gutachten verfügen.

Ab sofort können Betroffene nach einer Anzeige von sexualisierter Gewalt ihre Erfahrungen mit der Polizei, Gutachter_innen, dem Verfahren, der Gerichtsverhandlung und der Rechtsprechung in einem Blog mitteilen. Zwei Mitglieder des Betroffenenrates, Renate Bühn und Dorina Kolbe, wollen mit dem Blog www.ichhabeangezeigt.org Betroffenen von sexualisierter Gewalt als Kind, Jugendliche_r oder als Erwachsene_r ein Forum bieten, ihre Erfahrungen öffentlich zu machen. Die Blogbetreiberinnen wollen gemeinsam mit dem Betroffenenrat die Rückmeldungen dokumentieren und auswerten und damit öffentliche Aufmerksamkeit und politischen Handlungsdruck erzielen. Der Schutz und die Unterstützung von Betroffenen muss auch in einem Strafverfahren ein hohes Gut darstellen.

Der Betroffenenrat

Fachgremium beim UBSKM
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Der Betroffenenrat beim UBSKM hat sich im März 2015 konstituiert. Die 15 Mitglieder des Betroffenenrats haben sexualisierte Gewalt in den unterschiedlichsten Kontexten erlebt und arbeiten seit Jahren beruflich und/oder ehrenamtlich zu diesem Thema.

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Kontakt und Informationen zu den einzelnen Mitgliedern des Betroffenenrates (Kurzvita und Statement) und weitere Informationen zum Betroffenenrat finden Sie hier.

Kontakt für die Presse zu Mitgliedern des Betroffenenrates unter presse@betroffenenrat-ubskm.de bzw. zum Mitglied Renate Bühn unter renate.bühn@betroffenenrat-ubskm.de.

Praktikumsplätze

Wir bieten regelmäßig Praktikumsplätze im Bereich Presse und Öffentlichkeitsarbeit/Social Media an.



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