Aktuelles | 18.02.2025

FACHGESPRÄCH "SEXUELLER KINDESMISSBRAUCH IN DER DDR – MENSCHEN MIT BEHINDERUNGEN"

Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus: „Sexualisierte Gewalt in der DDR wurde insgesamt lange verdrängt. Für Betroffene mit Behinderungen war es noch einmal schwerer, mit dem Unrecht, das ihnen angetan wurde, wahrgenommen zu werden. Es ist unsere gesellschaftliche Pflicht, heute endlich hinzuhören, anzuerkennen und zu handeln.“

Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, hat im Rahmen des Fachgesprächs „Sexueller Kindesmissbrauch – Menschen mit Behinderungen“ heute die politische Dimension von Aufarbeitung in den Fokus gerückt. Veranstaltet wurde das Fachgespräch von der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Kooperation mit der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LAkD).

Rund 100 Teilnehmende, darunter Betroffene, Wissenschaftler:innen, Fachkräfte und politische Vertreter:innen, kamen in Potsdam zusammen, um die drängenden Fragen der lange vernachlässigten Aufarbeitung zu diskutieren.

„Das heutige Fachgespräch richtet den Blick auf ein Thema, das lange unsichtbar geblieben ist,“ erklärte die Missbrauchsbeauftragte Claus in ihrem Redebeitrag. „Einige Betroffene schildern hier erstmals ihre Erfahrungen als Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in der DDR. Dafür gebührt ihnen größter Respekt.“ Die Diskussion machte deutlich, dass die besonderen Strukturen in Wohneinrichtungen und Werkstätten sexualisierte Gewalt begünstigten und deren Aufdeckung viel zu lange erschwert hätten. Bis heute mangele es an spezialisierten Beratungs- und Hilfeangeboten sowie an geschultem Fachpersonal. „Alle Betroffenen haben ein Recht darauf, gehört und unterstützt zu werden – und darauf, dass die Gesellschaft Verantwortung übernimmt,“ so Claus weiter.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei das kürzlich verabschiedete „UBSKM-Gesetz“, das nicht nur das Amt der Missbrauchsbeauftragten dauerhaft verankere, sondern auch die Arbeit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission gesetzlich absichere. Zudem hob Claus die Bedeutung des neu gegründeten Zentrums für Forschung zu sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche  hervor. Hierüber würden künftig wesentliche Wissenslücken geschlossen, denn bislang fehlten verlässliche Daten zum Ausmaß sexueller Gewalt – insbesondere bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen. Um belastbare Zahlen zu erhalten, würden deswegen Fachexpert:innen und Betroffene aktiv in die Hauptstudie und Modulstudien einbezogen.

Es ging auch um die Situation von Betroffenen, die in Heimen, Pflege- oder Adoptivfamilien sexualisierte Gewalt ausgesetzt waren. Claus betonte, dass auch hier bis heute akuter Handlungs- und Aufarbeitungsbedarf bestehe: Mit dem Ende der von Bund und Ländern finanzierten Fonds „Heimerziehung West“ und „Heimerziehung in der DDR“ im Jahr 2018 sei ein zentrales Unterstützungsangebot für Betroffene außerhalb des kirchlichen Kontextes größtenteils weggebrochen. Bund, Länder und Kommunen stünden daher in der Pflicht, Aufarbeitung voranzutreiben und Unterstützungsstrukturen zu schaffen.

Beispielhaft sei hier die Stadt München, die als erste Kommune ihrer Verantwortung gerecht werde, und Betroffene finanziell unterstütze, die im Rahmen städtischer Unterbringung in Heimen, Pflege- oder Adoptivfamilien teils massiver Gewalt ausgesetzt gewesen seien. „Das ist ein Meilenstein und dieser sollte Vorbild für alle anderen Kommunen in Deutschland sein, das sei man den Betroffenen mit ihren oft vielfach gebrochenen Biografien schuldig,“ so Claus. „Um Hilfen und Aufarbeitung bundesweit flächendeckend zu ermöglichen, fordere ich eine Stiftung, über die sichergestellt wird, dass die Betroffenen finanzielle Anerkennung und Zugang zu Aufarbeitung erhalten.“

Das Fachgespräch unterstrich die nach wie vor dringende Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der DDR. Aus der historischen Verantwortung erwachse zugleich der Auftrag für die Gegenwart zu lernen: Ein essentieller Schritt sei hier die Entwicklung verbindlicher Schutzkonzepte. Diese müssten flächendeckend und insbesondere für alle Einrichtungen und Angebote gelten, in denen Kinder und Jugendliche mit Behinderungen betreut oder begleitet werden. Damit einher gehe die gesellschaftliche Verpflichtung, Fachkräfte umfassend zu schulen und eine Kultur der Prävention und Sensibilisierung zu etablieren.

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