Interviews und Beiträge | 18.05.2022

Es braucht Zahlen, Geld und einen Realitätscheck | taz (online)

Die neue Missbrauchsbeauftragte engagiert sich dafür, dass mehr Betroffene gehört werden. Sie will auch eine Infokampagne starten, braucht dafür aber Geld

Die neue Missbrauchsbeauftragte engagiert sich dafür, dass mehr Betroffene gehört werden. Sie will auch eine Infokampagne starten, braucht dafür aber Geld

„Politik braucht Zahlen“: Das sagt Kerstin Claus bei ihrer Antritts-Pressekonferenz als neue unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs am Dienstag in Berlin. Es sei ein „Skandal, dass es 2022 immer noch keine verlässlichen und kontinuierlichen Zahlen zum Ausmaß sexualisierter Gewalt gegen Kinder gibt“, bemängelt sie. In einer Presseerklärung heißt es, dass davon auszugehen ist, dass etwa ein bis zwei Schüler*innen in jeder Schulklasse von sexueller Gewalt in der Familie und andernorts betroffen waren oder sind.

Nach einer Forsa-Umfrage aus dem vergangenen Herbst gehen auch 90 Prozent der Menschen in Deutschland davon aus, dass sexualisierte Gewalt vor allem in der Familie stattfindet. Nur 11 Prozent halten es aber für wahrscheinlich, dass es in der eigenen Familie passiert. Die Gewalt werde zwar als Bedrohung wahrgenommen, aber eben „dort und nicht hier“, so Claus. Es brauche einen Realitätscheck.

Sie will deshalb neben der Erhebung verlässlicherer Zahlen und einer Dunkelfeldstudie dringend eine höhere Sensibilisierung und eine Handlungsexpertise in der Gesellschaft erreichen. Dafür soll im Herbst 2022 eine bundesweite Aufklärungskampagne starten, für die jedoch bislang die Finanzierung nicht sicher geklärt sei. Die 5 Millionen Euro pro Jahr, die dafür benötigt werden, habe die damalige Familienministerin Franziska Giffey ihrem Vorgänger Johannes-Wilhelm Rörig zugesagt. Der neue Bundestag müsse diese aber noch bewilligen.

Kerstin Claus kündigte außerdem an, dass sie ein flächendeckendes Netzwerk für Ansprechpersonen in Fragen sexualisierter Gewalt gegen Kinder schaffen wolle. Dafür wolle sie eng mit Ländern und Kommunen zusammenarbeiten und die Vernetzung zwischen Betroffenenräten und den verschiedenen staatlichen Ebenen stärken. Kerstin Claus ist seit April 2022 die neue Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung. Die Journalistin erlebte selbst sexualisierte Gewalt durch einen Pfarrer der evangelischen Kirche und ist seit 2016 Mitglied im Betroffenenrat des Unabhängigen Beauftragten.

Die Sichtbarkeit von Betroffenen zu stärken ist ihr ein großes Anliegen: „Betroffene kennen Täterstrategien“, so Claus. Dadurch können sie bei der Prävention und Aufklärung sexualisierter Gewalt helfen, denn diese geschehe selten impulsiv, sondern sei in den meisten Fällen strategisch geplant.

Via Medienspiegel

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